Nur 18 Prozent der Brexit-Befürworter finden, dass EU-Austritt Erfolg war

Brexit-Werbung: Boris Johnson im Jahr 2019
Sieben Jahre nach dem entscheidenden Referendum fühlen sich viele Britinnen und Briten von der Politik enttäuscht, zeigt eine neue Umfrage.

Nur 18 Prozent der Menschen, die im Jahr 2016 für einen Ausstieg Großbritanniens aus der Europäische Union stimmten, glauben, dass der Brexit ein Erfolg war. Das zeigt eine Umfrage des Thinktanks UK in a Changing Europe im Guardian. Allerdings: 61 Prozent sind überzeugt, dass er am Ende gut ausgehen wird.

Sieben Jahre nach der Referendumskampagne befragte das Meinungsforschungsinstitut Public First mehr als 4.000 Austrittswillige, wie sie heute über den Brexit denken. Weniger als ein Fünftel von ihnen - 18 Prozent - sagte, es sei gut oder sehr gut gelaufen. 30 Prozent sind der Meinung, es sei weder gut noch schlecht gelaufen. Für 26 Prozent ist es noch zu früh, um ein Urteil zu fällen.

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Experten warnten vor den Auswirkungen des Brexit

Mit der Inflation auf einem historischen Höchststand im Land und einem stagnierenden Bruttoinlandsprodukt (BIP), haben Wirtschaftswissenschafter zunehmend vor den anhaltenden Auswirkungen des Brexit auf Handel und Investitionen gewarnt. Weniger als ein Drittel der befragten "Leave"-Wähler (29 Prozent) glauben jedoch, dass der Brexit negative wirtschaftliche Auswirkungen hatte.

Von den Menschen, die der Meinung sind, dass der Brexit nicht gut gelaufen ist, geben viele der Politik die Schuld. Diese Sichtweise vertritt auch der ehemalige Chef der UK Independence Party, Nigel Farage. Kürzlich behauptete dieser, dass der Brexit "gescheitert" sei. In dieser Gruppe der Befragten sagten 70 Prozent, dass der Brexit gut hätte verlaufen können, und fast die Hälfte (48 Prozent) glaubt, dass die Politikerinnen und Politiker es hätten schaffen können, es aber nicht einmal versucht haben.

Nur 18 Prozent der Brexit-Befürworter finden, dass EU-Austritt Erfolg war

Erinnerungen aus vergangenen Tagen: Anti-Brexit-Demonstranten im Jahr 2018

Die Umsetzung der Entscheidung, die EU zu verlassen, hat die konservative Partei in den letzten sieben Jahren wiederholt gespalten. Das Gerangel um die Beziehungen des Vereinigten Königreichs zur EU führte zum Rücktritt von Theresa May und verhalf Boris Johnson zu einer Mehrheit von 80 Sitzen im Jahr 2019, indem er versprach, "den Brexit zu vollziehen" ("get Brexit done").

Das Vertrauen in die Politik wird noch schwächer

Der Direktor des Thinktanks UK in a Changing Europe, Anand Menon, sagte gegenüber dem Guardian, dass die Enttäuschung über die Art und Weise, wie der Brexit gehandhabt wurde, das Misstrauen gegenüber Politikerinnen und Politikern wahrscheinlich noch verstärken wird: "Viele Austrittswähler glauben, dass der Brexit kein Erfolg war, weil die Politiker sie im Stich gelassen haben. Die Gefahr ist, dass dies zu einer Erosion des Vertrauens in die Politik und die Politiker führen wird", sagte er.

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Trotz der Unzufriedenheit vieler Austrittswilliger mit der Art und Weise, wie der Brexit gehandhabt wurde, gibt es in den Umfragen kaum Anzeichen für einen umfassenden Sinneswandel, was vielleicht die Zurückhaltung der Labour-Partei und der Liberal Democrats erklärt, sich im Wahlkampf auf den Brexit zu konzentrieren.

Eine große Mehrheit der Befragten (72 Prozent) gab an, dass sie wieder so wählen würden wie im Wahljahr 2016 - auch mit dem Wissen von 2023. 72 Prozent gab zudem an, nicht mehr über den Brexit diskutieren zu wollen.

Rachel Wolf, eine Gründungspartnerin von Public First, sagte gegenüber dem Guardian: "Leute wie Farage spielen mit der allgemeinen Ansicht, dass die Politiker es vermasselt haben. Auf der anderen Seite sind die Menschen nicht gerade scharf darauf, weiter über den Brexit zu reden. Die Forderung 'Erledigt den Brexit' - d.h. macht ihn rückgängig und hört auf, darüber zu reden - funktioniert immer noch."

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