Botschaft in Bagdad: Spezialeinheit Cobra geriet in Feuergefecht
Bagdad, Irak, die Nacht von 29. auf 30. August 2022. Zwischen zwei Milizen kommt es zu schweren Feuergefechten. 15 Stunden dauern die Kämpfe mit Mörsergranaten und Raketenbeschuss. Mittendrinnen sitzen drei österreichische Top-Polizisten der Anti-Terroreinheit Cobra, sowie ein polizeilicher Verbindungsbeamter des Innenministeriums.
15 Stunden können die Österreicher nichts anderes machen, als warten, da sie sich mitten in der Kampflinie der verfeindeten Parteien befinden. In einem Gebäude in der sogenannten Grünen Zone, dessen Sicherheit sie auf ihrer Mission bewerten sollen, sind alle Fluchtwege abgeschnitten. Genau an diesem Ort plant Österreich mit September seine Botschaft im Irak wieder zu eröffnen.
Als die Gefechte vorbei sind, verlassen die vier - unverletzt - und nach eiliger Rücksprache mit Wien sofort Bagdad. Im Abschlussbericht der Mission soll ausdrücklich festgehalten worden sein, dass eine Eröffnung der österreichischen Botschaft an diesem Ort nicht empfehlenswert sei, wie Insider berichten.
Gesandter aus Österreich in Bagdad
Wien, Österreich, September 2022. Das Außenministerium eröffnet seine Botschaft im Irak. Als Gesandter befindet sich seit Mitte September Andrea Nasi vor Ort. Dies bestätigt auch das Ministerium auf KURIER-Nachfrage. Zu dem Vorfall heißt es in einer schriftlichen Stellungnahme: "Die Proteste im August in Bagdads Grüner Zone sind dem Außenministerium selbstverständlich bekannt. Nach der Ankündigung des Rückzugs des Schiitenführers Muqtada al-Sadr aus der Politik fanden die Proteste auch im Regierungsviertel und in einem Teil der Grünen Zone statt. Das irakische Militär verhängte eine zeitlich begrenzte Ausgangssperre. Die Lage ist derzeit glücklicherweise wieder relativ ruhig."
Sicherheit laufend beruteilt
Warum man sich nach dem 15-stündigen Beschuss dennoch für die Botschaftseröffnung entschieden habe, beantwortet man im Ministerium von Alexander Schallenberg (ÖVP) so: "Hauptaufgabe der Botschaft ist es, die Zusammenarbeit mit den irakischen Behörden bei der Bekämpfung der illegalen Migration auszubauen. Angesichts explodierender Migrationszahlen sind beschleunigte und funktionierende Rückführungen wichtiger denn je."
Nachsatz: "Die Sicherheitssituation wird laufend beobachtet, Schutzvorkehrungen werden selbstverständlich bei Bedarf den Erfordernissen angepasst." Auch in enger Absprache mit den anderen 15 EU-Mitgliedsstaaten, die eine dauerhafte Präsenz in Bagdad vertreten.
Kontakte knüpfen
Auch sollen sich Innen- und Außenministerium ursprünglich darauf verständigt haben, dass für den Irak ein eigener Verbindungsbeamter des Innenministeriums zum Einsatz kommen sollte. Der Vorteil dieser Polizei-Attachés ist es, dass sie ein Gespür für die Lage vor Ort haben und Kontaktnetzwerke aufbauen, um so leichter Informationen zu erlangen, die für ihr Heimatland von Vorteil sein können. Etwa beim Thema Migration.
Kein Verbindungsbeamter für Bagdad
Einzig: Der polizeiliche Verbindungsbeamte des Innenministeriums befindet sich nach wie vor nicht in Bagdad. Aus dem Innenministerium heißt es dazu offiziell: "Wir haben momentan in dem Gebiet keine konkreten Ansprechpartner, somit macht auch ein Verbindungsbeamter aus derzeitiger Sicht keinen Sinn", erklärt ein Ministeriumssprecher.
Dass der Vorfall Ende August einen Einfluss auf die Entscheidung gehabt haben könnte, wie inoffiziell zu hören ist, weist man von offizieller Seite zurück.
Vertretung bisher in Jordanien
Mit einer Botschaft im Irak war Österreich bereits in der Vergangenheit vertreten. Aufgrund der prekären Sicherheitslage im Zuge des zweiten Golfkriegs entscheid man sich dann jedoch dafür das Land zu verlassen. Damals hatten die westlichen Staaten ihre diplomatischen Vertretungen in Bagdad geschlossen oder ihr Botschaftspersonal von dort abgezogen - sofern sie nicht die diplomatischen Beziehungen wegen des Konflikts abgebrochen haben.
Im Falle Österreichs hatte in den vergangenen Jahren die Vertretungsbehörden im benachbarten Jordanien die Tätigkeit für den Irak mit wahrgenommen. "Formell" war die Botschaft also eigentlich "nie geschlossen", wie das Außenamt bereits in einer früheren Aussendung betonte, sondern lediglich örtlich verlegt.
Sicherheitsstufe 6 von 6
Auf der Homepage des Außenministeriums wird für den Irak nach wie vor eine Reisewarnung der Sicherheitsstufe 6 von 6 ausgegeben oder in anderen Worten „in diesem Land lebenden Österreicherinnen und Österreicher wird dringend empfohlen, das Land zu verlassen".
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