EU-Kommission geht gegen Ungarn vor
Hunderte österreichische Bauern und Kleingartenbesitzer, die fürchten, ihr Nutzungsrecht (Nießbrauch) in Ungarn entschädigungslos zu verlieren, können zumindest einmal durchatmen. Wie erwartet, hat die EU-Kommission am Donnerstag ein Vertragsverletzungsverfahren gegen Ungarn eingeleitet.
Brüssel hat den Verdacht, dass die ungarischen Gesetze „gegen das EU-Recht zum freien Kapitalverkehr und zur Niederlassungsfreiheit verstoßen“, weil sie die Rechte ausländischer Investoren zu stark beschneiden würden.
Einseitige Gesetze
Konkret stößt sich die Brüsseler Behörde daran, dass mit einem Gesetz von Dezember 2013 die kurzfristige einseitige Beendigung bestimmter Nießbrauchverträge möglich wurde. Bei anderen wurde eine Übergangsfrist von nur viereinhalb Monaten angesetzt, obwohl zuvor 20 Jahre angekündigt worden waren. Dies gebe „Anlass zu Bedenken“, heißt es in der Kommission. Die ungarische Regierung hat nun zwei Monate Zeit, Stellung zu nehmen. Werden die Bedenken nicht ausgeräumt, kann die Kommission vor dem Europäischen Gerichtshof klagen.
Ungarns national-konservative Regierung unter Viktor Orban rechtfertigt das Bodengesetz damit, dass sie ungarischen Grund und Boden vor „ausländischen Spekulanten“ schützen wolle. Ackerland in Ungarn zu kaufen, war für Ausländer seit 1994 unmöglich.
Üblich aber waren sogenannte Nießbrauch-Verträge: Gegen eine bestimmte Summe – meist in der Höhe des Kaufpreises – übertrug der Grundstücksbesitzer dem ausländischen Interessenten auf Dauer von maximal 99 Jahren das Nutzungsrecht. Der Name des Nutzers wurde auch im Grundbuch eingetragen. So machten es an die 200 österreichischen Landwirte in Ungarn. Aber auch zahlreiche österreichische Kleingartenbesitzer sind betroffen, denn im neuen Bodengesetz gelten nun auch Kleingärten als „landwirtschaftlicher Grund“.
Keine Entschädigung
Alle diese Nießbrauchverträge seien ungültig, heißt es nun nach Ungarns Vorgabe. Deshalb gebe es auch kein Recht auf Entschädigung.
Wie unnachgiebig Ungarns konservative Führung in der Bodenfrage bisher agierte, zeigte sich auch beim Staatsbesuch von Österreichs Präsident Heinz Fischer am Mittwoch in Budapest. Im Gespräch mit seinem ungarischen Amtskollegen Janos Ader wurde man sich nur in einem einig: Die EU-Kommission müsse entscheiden – und deren Entscheidung müsse auch respektiert werden.
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