Blackout, Bug, Krieg: Wie fragil unsere alltäglichen Systeme sind

CUBA-ENERGY-BLACKOUT
So verwundbar ist das Ökosystem aus Strom, Netz und Satellit. Österreich gut auf Blackouts vorbereitet.

Plötzlich fällt der Strom aus, funktioniert das Internet nicht, streikt das GPS-Navigationssystem. Die Wahrscheinlichkeit, dass so etwas in den kommenden Jahren passiert, ist hoch. Der massive Stromausfall in Spanien im April, ein Fehler bei einem Update führt zu Flugausfällen auf der ganzen Welt – und der hybride Krieg, in dem sich Europa befindet, tut sein Übriges.

„Ökosystem“

Der russische Angriff auf die Ukraine hat das im Februar 2022 grell beleuchtet: Noch ehe die ersten Panzer rollten, traf ein Cyberangriff die Satelliten-Modems eines großen Anbieters – mit Nebenwirkungen bis nach Mitteleuropa. Tausende Windräder waren offline und standen still. Wer heute kritische Infrastruktur denkt, muss Glasfaser, Mobilfunk, Satellit und Strom als ein einziges Ökosystem begreifen.

Der Cyberraum ist dabei längst ein eigenes „Schlachtfeld“ neben Land, Luft, See und Weltraum – nicht nur für Armeen, sondern für Kriminelle, Aktivisten, Geheimdienste.

Alltägliche Dinge können zur Waffe werden: Pager, Funkgeräte, Router, smarte Sensoren. Genau diese Logik – digitale Eingriffe, reale Effekte – macht die Verwundbarkeit der Infrastruktur aus. Nicht umsonst empfehlen Behörden, Vorräte und Bargeld zu lagern, sollte der Ernstfall eintreten.

Dass Resilienz praktisch funktioniert, zeigt ausgerechnet ein Land, das Bargeld fast abgeschafft hat: Schweden. Dort wird eine verbindliche Offline-Kartenzahlung eingeführt – als Notfallmodus neben Bargeld.

Offline zahlen

Das Prinzip: Karte reinstecken, PIN eingeben, die Zahlung wird offline am Chip autorisiert und bucht später nach. Warum dieser Aufwand? Weil ein Land ohne Bargeld bei Netzausfall sofort verletzlich ist. Regierung, Zentralbank, Banken, Netzbetreiber und Kartenfirmen haben deshalb ein gemeinsames Regelwerk geschaffen, damit Lebensmittel, Medikamente, Treibstoff auch im Blackout bezahlt werden können. Angesichts der Spannungen zwischen Europa und Russland sowie der Sorgen vor Sabotage haben auch Finnland, Norwegen, Dänemark und Estland ähnliche Vorhaben angekündigt.

Gut vorbereitet

Auch in Österreich üben Behörden für den Ernstfall: Geld- und Tanktransporte würden dann auch in periphereren Gebieten für Nachschub sorgen, Supermarktketten haben Konzepte ausgearbeitet. Große Unternehmen veranstalten regelmäßig Planspiele. Und 80 Prozent der Österreicher sind auf einen möglichen Stromausfall vorbereitet.

Das ergab der Blackout Readiness Check der Beratungsorganisation Ernst & Young. Am besten vorbereitet seien die 60- bis 65-Jährigen: 82,9 Prozent gaben an, vorgesorgt zu haben.

Eine besondere Rolle käme in einem solchen Fall dem Bundesheer zu: Es muss in erster Linie seine eigene Einsatzbereitschaft erhalten können, weswegen Kasernen autark werden und als „Sicherheitsinseln“ fungieren werden. 70 Prozent der Liegenschaften des Bundesheeres sind bereits autark, ab 2026 sollen es alle sein. In zweiter Linie werden diese „Sicherheitsinseln“ zivilen Blaulichtorganisationen als Unterstützung dienen.

Gefahr im All

Ein Blackout ist nicht das einzige Risiko, geht es um die alltägliche Infrastruktur: Besonders unterschätzt wird der Orbit. Unsere Netze hängen an Satelliten – für Navigation, Kommunikation, Zahlungsvorgänge und vieles mehr.

Ein Ausfall des globalen Positionierungssystems träfe Luft- und Seefahrt, Logistik, Strom- und Finanzwirtschaft binnen Minuten. Anti-Satelliten-Waffen existieren, Cyberangriffe auf Bodenstationen ebenso. Es wäre durchaus ein Leichtes, die Satelliten eines anderen Staates lahmzulegen: Ob durch Hackerangriffe oder spezielle Raketen – die USA, Russland, China und Indien verfügen bereits über sogenannte „ASAT“-Waffen, Anti-Satelliten-Raketen, mit denen sie feindliche Trabanten von der Erde aus unschädlich machen könnten. Und das hätte erhebliche Folgen, nicht nur auf dem militärischen Sektor: Flugzeuge, Navigationssysteme, Schiffe und vieles mehr verlassen sich auf Satellitensignale. Ohne sie käme es zu massivem Chaos im Alltag.

Sollte es je passieren, dass die USA und China Krieg führen, käme es zuerst wohl zu Attacken auf Netzwerksysteme und alle orbitalen Satelliten. Mit all seinen Folgen. Kalkulationen zufolge würden allein die USA durch einen GPS-Ausfall pro Tag eine Milliarde Dollar verlieren.

General Mark Milley, ehemaliger Vorsitzender der gemeinsamen Stabschefs der USA, prophezeite 2023: „KI und Quanteninformatik in Kombination mit Robotik könnten zum dominierenden Faktor in der Kriegsführung werden. Kombinieren Sie das mit den Bereichen Cyberspace und Weltraum. Und es gibt noch etwa 20 weitere Technologien, die ich nicht aufzählen werde.“ Jenes Land, das diese Technologien für die Kriegsführung optimiert, werde einen entscheidenden Vorteil haben.

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