Drohnen einfach Abschießen? „Das ist trügerisch“

Ein Schild, das auf eine Drohnenverbotszone hinweist, wird künftig nicht mehr reichen.
Die Zwischenfälle mit Drohnen häufen sich massiv, sie einfach abzuschießen ist laut Oberst Markus Reisner nicht so leicht möglich. Er sieht all diese Vorkommnisse als Teil der hybriden Kriegsführung.

3.000 Passagiere betroffen, 17 Flüge ausgefallen – einmal mehr legte eine Drohnensichtung einen Flughafen lahm, dieses Mal jenen in München. Laut deutscher Polizei hatten mehrere Menschen am Donnerstagabend von Drohnen in der Nähe des Flughafens berichtet. Der Flughafen wurde bis Freitagmittag gesperrt. Zuerst sollen die Drohnen über einem Innovationszentrum der deutschen Bundeswehr gekreist sein. Es soll sich um bis zu sechs Drohnen gehandelt haben, laut Augenzeugen mit einer Spannweite von bis zu einem Meter.

Ein Sprecher der Polizei sagte, trotz „umfangreicher Fahndungsmaßnahmen“ habe kein Verursacher identifiziert werden können. Das Gelände sei aus der Luft abgesucht worden, es habe jedoch nichts festgestellt werden können. Die Drohnenart war ebenfalls nicht bekannt.

Politik will handeln

Politisch wächst der Druck: Bayerns Ministerpräsident Markus Söder fordert „abschießen statt abwarten“ sowie Hoheit über den Luftraum. Der deutsche Flughafenverband dringt auf klare Zuständigkeiten, robuste Detektion und Abwehr. Der deutsche Innenminister Alexander Dobrindt kündigt ein neues Polizeigesetz, Änderungen am Flugsicherheitsgesetz inklusive möglicher Amtshilfe der Bundeswehr an. Zudem soll es mehr Mittel in puncto Drohnenabwehr geben.

Diese Drohnenstörung war bei weitem nicht der erste Fall in der jüngeren Vergangenheit: Erst vergangene Woche waren über Schleswig-Holstein Drohnen gesichtet worden – unter anderem über einer Werft von Thyssenkrupp, wo U-Boote für Bundeswehr und andere NATO-Streitkräfte gebaut werden. Die Behörden prüfen den Verdacht, wonach Drohnen über weitere kritische Infrastruktur geflogen sind, unter anderem über ein Kraftwerk in Kiel.

Wegen der teilweise im Verbund erfolgten Drohnenüberflüge liege der Anfangsverdacht einer Straftat des „sicherheitsgefährdenden Abbildens“ vor. Mehrfach hatten Drohnen in der vergangenen Woche auch den Luftverkehr in Dänemark gestört und für Verunsicherung und Chaos gesorgt.

Ein Mann in Militärkleidung zielt mit einem DroneShield-Gerät in einer bewaldeten Umgebung.

Hybrider Krieg

Für Oberst Markus Reisner, Leiter des Instituts für Offiziersausbildung an der Theresianischen Militärakademie, sind solche Störungen kein Zufall: „Wir erleben den Krieg zunehmend als Graubereich. Hybride und kognitive Kriegsführung zielen darauf, Staaten an den Rand des Kontrollverlusts zu bringen – noch bevor klassische militärische Gewalt sichtbar wird. Drohnenüberflüge säen Angst und Misstrauen und stellen das Vertrauen in staatliche Organe infrage. Genau das ist beabsichtigt“, sagt er zum KURIER.

Doch warum schießt man die Drohnen nicht einfach ab? „Weil ’einfach’ trügt“, sagt Reisner. „Über dicht besiedeltem Gebiet drohen Sach- und Personenschäden. Es braucht klare rechtliche und operative Kriterien: Wann, womit und wer handelt? Innenministerium wegen Terrorabwehr – oder Verteidigungsministerium, wenn ein staatlicher Akteur im Spiel ist?“

Der Gegner nutze genau diese Grauzonen. Positiv sieht Reisner, dass die Bereitschaft steigt, Dinge zu verändern, die bis jetzt in Stein gemeißelt galten. „Es ist nun einmal so, dass wir eine Gesellschaft sind, die Gott sei Dank über viele Jahrzehnte den Frieden genossen hat – und jetzt plötzlich mit etwas konfrontiert wird, mit dem sie kaum umgehen kann.“ Man wachse allerdings mit den Aufgaben und sei bereit, die Maßnahmen an die Lage anzupassen.

„Und die ist ernst. Es sind ja nicht nur Drohnen. Wir haben Unterseekabel, die unterbrochen werden, wir haben Blackouts, die herbeigeführt werden. Man hat versucht, sprengstoffbeladene Pakete an Bord von Flugzeugen zu schmuggeln. Wir haben sogenannte Wegwerfagenten, die gezielt mit Geld angeworben werden und Sabotageakte verüben“, verdeutlicht Reisner die aktuelle Situation in Europa.

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