Putins Plan gegen Drohnen: Einfach das Internet abdrehen

Im Frühling berichteten Russlands Medien auffallend oft über „Digital Detox“, über das Offline-Sein zugunsten der eigenen Psyche. Vor allem rund um den Siegestag am 9. Mai hieß es: Schaltet das Handy ab, genießt die Feiertage.
Grund der Kampagne war aber weniger die Sorge der Politik um den seelischen Zustand ihrer Bürger. Seit Mai attackiert die Ukraine Russland massiv mit Drohnen, und die Behörden haben dagegen bisher nur ein wirklich wirkungsvolles Mittel gefunden: Sie schalten einfach das mobile Internet ab.
Das ist die probateste Methode, um die Flugobjekte zu verwirren. Die Drohnen haben Reichweiten von mehreren hundert Kilometern, und Moskaus Flugabwehr ist bei weitem nicht so effektiv wie gewünscht. In urbanen Gebieten hat man dazu dasselbe Problem wie in Europa: Einfach abschießen geht nicht, das gefährdet Zivilisten – und bringt den Kreml in Erklärungsnot.
Internet-Shutdowns in Russland haben sich darum enorm vervielfacht. Im Jänner gab es fünf Ausfälle landesweit, im Mai – rund um den Siegestag – waren kurzfristig 60 Prozent des Landes internetlos, im August registrierte man bereits 2129 Shutdowns. In einigen Regionen, in denen die Verteidigungsindustrie vertreten ist, ist laut dem Portal The Bell das Internet schon seit Wochen abgedreht – das betrifft Millionen Einwohner.
Auch in den Großstädten Moskau oder Petersburg, die der Kreml vor solchen Unannehmlichkeiten möglichst zu schützt, sind die Auswirkungen fast wöchentlich zu spüren. Dort attackiert die Ukraine neben Raffinerien – die waren zeitweise zu 38 Prozent lahmgelegt – auch Flughäfen, um die Russen den Krieg spüren zu lassen. Allein im Juli fielen durch Sperren landesweit Flughafen 485 Flüge aus, 2000 waren verspätet.
Weil die Shutdowns auch Unternehmen beeinträchtigen, etwa Zustelldienste, hat der Kreml nun eine Liste an kritischen Apps herausgegeben, die trotz Netzsperre weiter funktionsfähig bleiben werden. Die meisten davon gehören Unternehmen, die dem Kreml sehr nahe stehen – und deren Apps die staatliche Überwachung mittragen. Nicht nur ein Beobachter vermutet daher, dass es bei den Sperren neben der Störung er Drohnen auch um Informationslenkung geht: Livestreams von Drohnenangriffen kann man so nämlich auch keine senden.
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