Solche Nachrichten sind natürlich mit Vorsicht zu genießen, doch sie zeigen, dass die jungen russischen Soldaten zunehmend in Panik geraten, viele glauben, dass sie ihr Leben verlieren werden wie ihre Kameraden. Die Moral ist auf einem Tiefpunkt, auch weil Nachschub und Essen fehlt.
"Schlimmer als in Tschetschenien"
In einem abgehörten Telefonat soll ein Offizier geklagt haben: „Es ist schlimmer als in Tschetschenien.“ Mindestens neun von rund 20 hohen Kommandanten sind offenbar gefallen, weil sie nicht über sichere Kanäle kommunizierten und daher von den Ukrainern geortet werden konnten.
Gleichwohl richtet die russische Armee weiter verheerende Schäden und großes Leid an: In der umkämpften Stadt Mariupol wurde nach Berichten von ukrainischen Flüchtlingen bereits ein Massengrab ausgehoben, in dem sowohl Zivilisten als auch ukrainische Militärs beigesetzt wurden. Der Beschuss wurde unvermindert fortgesetzt. Tausende Menschen sollen aus dem linken Uferbezirk von Mariupol nach Russland verschleppt worden sein.
Nach russischen Angaben haben die Invasoren mittlerweile die Stadt Isjum im Osten unter „vollständiger Kontrolle“.
Die ukrainische Marine meldete dafür die Zerstörung eines russischen Landungsschiffs vor dem Hafen der südukrainischen Stadt Berdjansk. Und rund um das belagerte Kiew wurden die russischen Panzer um fast 30 km zurückgedrängt. Die Ukrainer haben die Wege in der Nacht mit Wasser geflutet, damit würde ein Vorrücken im Schlamm immer schwieriger.
Moskau beeilte sich am Donnerstag zu versichern, dass der russische Verteidigungsminister Sergej Schoigu, der seit dem 11. März nicht mehr öffentlich aufgetreten ist, keineswegs verschwunden oder abgesetzt worden sei: „Der Verteidigungsminister hat im Moment viel zu tun“, sagte Putins Sprecher Dimitri Perskow der Agentur Interfax.
Die NATO schätzt die russischen Verluste extrem hoch ein: Bis zu 40.000 von zirka 100.000 russischen Soldaten insgesamt seien getötet (man geht von 7.000 bis 15.000 aus), verwundet, gefangen genommen worden oder vermisst oder desertiert. Russland habe vermutlich bereits zehn Prozent seiner Ausrüstung verloren. Daher versuche Moskau nun Reservisten, Wehrpflichtige und Söldner einzusetzen. Am ersten April müssen junge Russen ihren Militärsdienst antreten, sie wurden wie jedes Jahr um diese Zeit einberufen.
Doch Moskau setzt auf die Zermürbung des Gegners, vor allem auch durch Angriffe auf zivile Ziele. Der Sicherheitsberater von US-Präsident Biden, Jake Sullivan, rechnet nicht mit einem schnellen Kriegsende. Allerdings unterschätzten die russischen Streitkräfte den Verteidigungswillen der Ukrainer, die jetzt immer bessere Waffen haben.
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