Letzteres hängt davon ab, ob sich bis dahin die jetzigen Koalitionsparteien doch noch zusammenraufen.
Die Italiener sind sprachlos und blicken wie immer in solchen Fällen zum Colle, wie der Sitz des Staatsoberhaupts hier genannt wird. Ohne die politische Erfahrung des 80-jährigen Mattarella, der während dieser Legislaturperiode schon mehrmals in das politische Chaos eingreifen musste und sogar ein zweites Mandat annahm, um die Stabilität der Regierung zu sichern, wäre das Land innen- und außenpolitisch sowie wirtschaftlich verloren, denkt die Mehrheit der Bürger. Also hofft man nicht nur in Italien, sondern auch im Ausland, dass es Mattarella wieder einmal richtet.
Mit Mattarella und Draghi an der Spitze hat Italien an Vertrauenswürdigkeit und Gewicht auf internationaler Ebene groß zugelegt. Vor allem Brüssel hofft, dass es sich Draghi noch einmal überlegt. Während EU-Kommissionspräsidentin Ursula von der Leyen mit diplomatischen Worten die Sorgen Brüssels über die Regierungskrise zum Ausdruck brachte, bemerkte der italienische EU-Kommissar für Wirtschaft und Währung, Paolo Gentiloni: „Wir verfolgen die Geschehnisse mit besorgter Verwunderung.“
Italien braucht die EU. Das Land hängt am Tropf der 200 Mrd. Euro Hilfsgelder des Next-Generation-Fonds. Ohne dieses Geld könnte sich das Land nicht aus den Folgen der Pandemie kämpfen.
Die EU braucht wiederum Draghi. Der Premier ist für Brüssel eine Garantie, dass die Hilfsgelder vorschrifts- und planmäßig investiert werden. Zum anderen wegen seines internationalen Renommees auch in den USA. Macron hat zwar die Präsidentschaftswahlen gewonnen, die Parlamentswahlen kurz danach haben ihn jedoch geschwächt. Der deutsche Bundeskanzler Olaf Scholz ist wiederum noch in einer Art Einarbeitungsphase.
Auch die Finanzmärkte hoffen auf Draghis Verbleib. Am Donnerstag schloss die Mailänder Börse mit einem Minus von 3,8 Prozent. Gestern hat sie sich wieder erholt.
Und dann ist da noch der Krieg in der Ukraine. Nach dem Angriff Russlands hat Draghi maßgeblich zum Zusammenhalt der EU-Mitgliedsländer, was Sanktionen und Waffenlieferungen betrifft, beigetragen. Sollte er die Bühne verlassen, könnte es für den Kreml ungleich leichter sein, den Zusammenhalt ins Wanken zu bringen.
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