Berlusconi zu einem Jahr Haft verurteilt

Former Italian Prime Minister Silvio Berlusconi attends a political rally in Turin February 17, 2013. REUTERS/Giorgio Perottino (ITALY - Tags: POLITICS ELECTIONS)
Im Unipol-Prozess fällte das Gericht nun ein Urteil. Der Medienzar muss außerdem 80.000 Euro zahlen.

Ein Jahr Haft: Der langjährige italienische Ministerpräsident Silvio Berlusconi ist im sogenannte Unipol-Prozess im Zusammenhang mit der Veröffentlichung von abgehörten Telefongesprächen am Donnerstag verurteilt worden. Das Urteil ist noch nicht rechtskräftig: Der Ex-Premier kann Berufung einlegen, damit wird der Vollzug der Strafe aufgeschoben.

Der Vorwurf: Der "Cavaliere" soll einen Telefonmitschnitt, der einen Oppositionspolitiker belasten sollte, Ende 2005 widerrechtlich in der Öffentlichkeit lanciert haben. Der Unipol-Prozess war im Jänner wegen der Parlamentswahlen am 24. und 25. Februar verschoben worden, da der Medienzar als Chef der Mitte-rechts-Koalition mit dem Wahlkampf beschäftigt war.

Die Anschuldigungen stehen in Zusammenhang mit Ermittlungen in einem Finanzskandal aus dem Jahr 2005. Damals waren Unregelmäßigkeiten beim Streit um die Übernahme der Bank Antonveneta aufgetreten, bei dem italienische Interessenten der niederländischen Bank ABN Amro und der spanische Finanzgruppe BBVA gegenüberstanden.

80.000 Euro Entschädigung

Im Zuge der Ermittlungen war ein Telefongespräch zwischen dem Chef des mitbietenden italienischen Versicherungskonzerns Unipol, der der politischen Linken in Italien nahesteht und dem Linkspolitiker und Ex-Außenminister Piero Fassino abgehört worden. Die geheimen Aufzeichnungen wurden dann in der Zeitung Il Giornale veröffentlicht, die politisch hinter Berlusconi steht. Berlusconi soll seinem Bruder das abgehörte Telefongespräch zur Veröffentlichung zugeschanzt zu haben, um Fassino in Schwierigkeiten zu bringen. Berlusconis jüngerer Bruder wurde zu zwei Jahren und drei Monaten verurteilt.

Außerdem wird Berlusconi dem amtierenden Turiner Bürgermeister Fassino eine Entschädigung von 80.000 Euro zahlen müssen, urteilte das Gericht.

Hitzige Reaktionen

Berlusconis Verurteilung löste am Donnerstag sogleich hitzige Reaktionen in seinem Mitte-rechts-Bündnis aus. Als „Angriff auf die Demokratie“ bezeichnete die Südtiroler Parlamentarierin Michaela Biancofiore das Urteil der Mailänder Richter. „Wir erleben das Paradoxon, dass der Chef der Partei, die fast die Wahlen gewonnen hat, zu einem Jahr Haft verurteilt wird. Das ist ein offener Versuch, die Demokratie in Italien zu stürzen“, so Biancofiore. Der Berlusconi-Vertrauete und Ex-Arbeitsminister Maurizio Sacconi, bezeichnete die Verurteilung des Medienzaren als „absurden Versuch“, den Chef der zweitstärksten politischen Kraft im Land zu verleumden.

Ruby und Mediaset stehen noch aus

Ebenfalls am Donnerstag erging auch ein anderes Urteil für Berlusconi. Das Kassationsgericht in Rom, die dritte und letzte Instanz im italienischen Strafsystem, hatte am Mittwoch den Freispruch Berlusconis vom Vorwurf der Steuervergehen im sogenannten Mediatrade-Verfahren in Mailand bestätigt. Das Oberste Gericht lehnte einen Einspruch der Mailänder Staatsanwaltschaft gegen den im vergangenen Juni gefällten Freispruch Berlusconis ab. Bestätigt wurde auch der Freispruch von Berlusconis Sohn Piersilvio und anderer Angeklagten im Mediatrade-Prozess. Bei den Ermittlungen ging es um Steuererklärungen aus den Jahren 2003 und 2004.

Für Berlusconi wird es noch in zwei Prozessen eng: Am 18. März wird das Urteil im "Ruby"-Prozess erwartet. Ebenso dürfte das Berufungsurteil im Mediaset-Prozess um Fernsehrechte noch in diesem Monat fallen. Dort war der Ex-Premier in erster Instanz zu vier Jahren Haft verurteilt worden (die wichtigsten Prozesse im Überblick weiter unten).

Berlusconi zu einem Jahr Haft verurteilt

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Berlusconi zu einem Jahr Haft verurteilt

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Berlusconi zu einem Jahr Haft verurteilt

Der langjährige italienische Ministerpräsident Silvio Berlusconi hat immer wieder Ärger mit der Justiz. Wegen Bestechung, Bilanzfälschung, Steuerbetrugs, Amtsmissbrauch und zuletzt auch wegen Sex mit Minderjährigen stand er bereits mehrfach vor Gericht. In einem Verfahren wegen Beihilfe zur Veröffentlichung von vertraulichen Telefongespräch ist er am Donnerstag erstinstanzlich zu einem Jahr Haft verurteilt worden. Mehrere Prozesse laufen noch gegen den Medienzaren. Bisher wurde er letztinstanzlich stets freigesprochen. Öfters mussten die Verfahren wegen Verjährung eingestellt werden. In der Folge ein Überblick über die wichtigsten Verfahren:

LAUFENDE VERFAHREN:

RUBY-PROZESS: Berlusconi muss sich wegen Amtsmissbrauchs und Sex mit der minderjährigen Prostituierten Ruby in einem Schnellverfahren verantworten. Der Ex-Premier wird des Amtsmissbrauchs beschuldigt, weil er in der Nacht des 27. Mai 2010 persönlich einen hochrangigen Funktionär der Mailänder Polizei angerufen hatte, um die damals 17-jährige Prostituierte aus dem Polizeigewahrsam freizubekommen. Erschwert wird die Lage des Regierungschefs wegen des Verdachts, mit der minderjährigen Marokkanerin auch Geschlechtsverkehr gehabt zu haben, was in Italien bis zu drei Jahre Haft nach sich ziehen kann. Das Urteil in erster Instanz wird am 18. März erwartet.

MEDIASET-PROZESS: Bei dem Verfahren geht es um den Verdacht auf Betrug und Unterschlagung beim Kauf von Filmrechten für Berlusconis Medienkonzern Mediaset in den 1990er-Jahren. Berlusconi und rund einem Dutzend Mitangeklagten werden unter anderem Bilanzfälschung und Steuerbetrug vorgeworfen. Mediaset soll Filmrechte über Firmen in Steueroasen gekauft haben. Den italienischen Finanzbehörden sollen überhöhte Kaufpreise angegeben worden sein, um Steuern zu sparen. Im Herbst 2012 wurde Berlusconi zu vier Jahren Haft verurteilt. Ein Urteil im Berufungsverfahren wird am 23. März gefällt. Ob das Urteil im Berufungsverfahren je rechtskräftig wird, ist fraglich. Die Mediaset-Straftaten verjähren Mitte 2014.

UNIPOL-PROZESS: Am Donnerstag wurde Berlusconi in erster Instanz zu einer einjährigen Haftstrafe wegen Beihilfe zur Veröffentlichung von abgehörten Telefongesprächen. In dem Verfahren, das vermutlich in die Berufungsinstanz gehen wird, geht es um die Veröffentlichung abgehörter Telefonate zu einem Finanzskandal aus dem Jahr 2005. Hintergrund waren Unregelmäßigkeiten beim Streit um die Übernahme der Bank Antonveneta , bei dem italienische Interessenten der niederländischen Bank ABN Amro und der spanische Finanzgruppe BBVA gegenüberstanden. Berlusconi soll seinem Bruder ein abgehörtes Telefongespräch zwischen dem Chef des mitbietenden italienischen Versicherungskonzerns Unipol und dem Linkspolitiker und Ex-Außenminister Piero Fassino zur Veröffentlichung zugeschanzt zu haben.

ABGESCHLOSSENE VERFAHREN:

MEDIATRADE: In dritter und letzter Instanz wurde Berlusconi am Donnerstag vom Vorwurf der Steuervergehen freigesprochen. Angeklagt waren Berlusconis Sohn Piersilvio und Mediaset-Präsident Fedele Confalonieri, die ebenfalls freigesprochen wurden. Berlusconis Gruppe war vorgeworfen worden, Filmrechte zu überhöhten Preisen gekauft haben, um Schwarzgeld auf geheimen Bankkonten hinterlegen zu können.

MILLS-PROZESS: Das fünfjährige Verfahren wegen Bestechung seines früheren britischen Anwalts David Mills endete 2012 wegen Verjährung mit einem Freispruch. Die Mailänder Staatsanwaltschaft hatte dem Premier vorgeworfen, dem britischen Anwalt David Mills im Jahr 1997 600.000 Dollar (448.296 Euro) für Falschaussagen in Prozessen gegen sein Medienunternehmen Mediaset bezahlt zu haben. Beide Männer wiesen die Vorwürfe zurück.

BESTECHUNG VON STEUERPOLIZISTEN: Berlusconi wird 1994 erstmals italienischer Regierungschef. Im selben Jahr wird er beschuldigt, die Steuerpolizei geschmiert zu haben. Er wird 1996 zu 33 Monaten Gefängnis verurteilt, zwei Jahre später kommt es zu einem Freispruch im Berufungsverfahren, teils wegen Verjährung. Im Oktober 2001, kurz nach dem zweiten Amtsantritt Berlusconis als Regierungschef, bescheinigt ihm das Kassationsgericht seine Unschuld.

BILANZFÄLSCHUNG: Berlusconi wird 1995 beschuldigt, zum Teil mit Geldern aus schwarzen Kassen den Kicker Gianluigi Lentini für seinen Fußballverein AC Mailand gekauft zu haben. Im November 2002 wird der Fall wegen Verjährung ad acta gelegt, nachdem die Regierungsmehrheit im Parlament die Strafen für Bilanzfälschung stark reduziert hatte. Wegen Bilanzfälschung und unerlaubter Bereicherung beim Erwerb der Filmfirma Medusa durch ReteItalia, einer Tochtergesellschaft von Berlusconis Holding Fininvest, wird er 1997 zu 16 Monaten Gefängnis verurteilt. Die Berufungsinstanz spricht ihn 2000 frei; das Kassationsgericht bestätigt den Freispruch.

STEUERBETRUG UND ILLEGALE PARTEIENFINANZIERUNG: Beim Kauf einer Luxusvilla in Macherio bei Mailand soll Berlusconi laut einer Anklage aus dem Jahr 1998 Steuern hinterzogen haben. Der Freispruch wegen Verjährung wird durch ein Amnestiegesetz gedeckt. Über die Offshore-Gesellschaft All Iberian soll Berlusconi außerdem der Sozialistischen Partei Italiens Gelder zugeschoben haben. Berlusconi wird im Juli 1998 in erster Instanz zu 28 Monaten Haft verurteilt, die Berufungsinstanzen stellen Verjährung fest.

ALL IBERIAN: 1996 kommt eine weitere Affäre im Zusammenhang mit All Iberian ans Licht, der Medientycoon wird in diesem Zusammenhang der Bilanzfälschung beschuldigt. Berlusconi und drei Manager seiner Finanzholding Fininvest werden vom Vorwurf der Bilanzfälschung freigesprochen, da das Vergehen aufgrund eines 2002 verabschiedeten Gesetzes, das für Bilanzfälschung erheblich geringere Strafen und Verjährungsfristen vorsieht, für verjährt erklärt werden muss.

RICHTERBESTECHUNG: Beim Kauf des Verlagshauses Mondadori durch Berlusconis Medienfirma Fininvest sollen Schmiergelder geflossen sein; die Berufungsinstanzen erklären den Fall 1998 für verjährt. Fininvest soll 1985 Schmiergelder an Richter gezahlt haben, um den Kauf des halbstaatlichen Unternehmens SME durch den Industriellen Carlo De Benedetti zu verhindern. Im Juni 2003 wird der Prozess wegen eines auf Berlusconi zugeschnittenen neuen Immunitätsgesetzes ausgesetzt. Die Aufhebung des Gesetzes durch das Verfassungsgericht Anfang 2004 ermöglicht die Wiederaufnahme des Mailänder Verfahrens. Einer der Mitangeklagten, Cesare Previti, wird zu fünf Jahren Gefängnis verurteilt. Berlusconi wird im Dezember 2004 wegen Verjährung freigesprochen.

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