„Ich hatte das Glück, niemals für Sex bezahlen zu müssen“

Berlusconi wehrt sich gegen die Darstellung, es habe ein „System der Prostitution“ in seiner Villa gegeben.

Ihr seid ja nur neidisch.“ Das ist seit Jahren Silvio Berlusconis Antwort auf Anschuldigungen juristischer und persönlicher Art. Aktueller Schauplatz: Der sogenannte „Ruby-Prozess“ in Mailand, im Rahmen dessen dem ehemaligen italienischen Premier vorgeworfen wird, für Sex mit einer Minderjährigen gezahlt und zur Vertuschung sein Amt missbraucht zu haben. Am Montag zog sich der Strick um den Hals des 76-Jährigen wieder ein bisschen enger zu.

Staatsanwalt Antonio Sangermano zeigte sich in seinem Schlussplädoyer überzeugt, dass der damalige Premier in seiner Villa im Mailänder Stadtteil Arcore in der Zeit vor 2010 ein „umfassendes Prostitutionssystem“ aufgebaut hatte. Frauen und Mädchen hätten bei den berüchtigten Dinner-Partys freizügig getanzt und den Gästen sexuelle Dienste erwiesen. Als Belohnung sollen sie Geld und die Aussicht auf beruflichen Aufstieg bekommen haben, etwa im Fernsehen oder in der Politik.

Karima el Mahroug, besser bekannt als Ruby, soll demnach auf jeden Fall „absolut ein Teil“ dieser Arrangements gewesen sein – als sie jünger als 18 Jahre war. Die heute 20-Jährige, die in dem Prozess als Zeugin auftritt, bestreitet aber ebenso wie Silvio Berlusconi, dass die beiden jemals Sex gehabt hätten.

„Gute Fantasie“

Wie immer schwang Berlusconi nach den Anschuldigungen vom Montag die Neid-Keule. Der Staatsanwalt habe „eine gute Fantasie“, was die Rekonstruktion der Dinner-Partys betrifft. Anders als Sangermano habe Berlusconi selbst aber immer das „Glück oder den Vorzug“ gehabt, nie für Sex mit Mädchen oder Frauen zahlen zu müssen, schrieb der Cavaliere in einem Statement, das er auch auf Facebook veröffentlichte.

In der Nacht auf den 28. Mai 2010 war die damals angeblich 17-jährige Karima el Mahroug wegen eines Diebstahls im Wert von 3000 Euro in Mailand festgenommen worden. Die zuständige Jugendrichterin wollte die junge Frau in eine betreute Wohngemeinschaft übergeben, wozu es aber nie kam. Denn wenige Stunden später soll Premierminister Berlusconi höchstpersönlich den Polizeichef Pietro Ostuni angerufen haben, um Karima el Mahroug – der angeblichen Nichte des damaligen ägyptischen Präsidenten Hosni Mubarak – aus der Patsche zu helfen. Um ein „diplomatisches Desaster zu verhindern“. Die Parlamentsabgeordnete Nicola Minetti soll Karima schließlich abgeholt haben.

Die Anklage versucht zu beweisen, dass es in Berlusconis Villa nicht nur ausschweifende Partys, sondern auch bezahlten Sex mit Minderjährigen gab. Und dass der Permier sein Amt missbrauchte, um es zu vertuschen.

Der Prozess läuft seit April 2011. Kurz nachdem dem Premier ein wichtiger Teil seiner Immunität entzogen worden war. Am Freitag soll die Anklage das mögliche Strafmaß festlegen. Ein Urteil fällt wahrscheinlich am 18. März. Im schlimmsten Fall drohen zwölf Jahre Haft wegen Amtsmissbrauchs und drei Jahre wegen der Prostitution Minderjähriger. Doch sollte es einen Schuldspruch geben, haben Berlusconis Anwälte noch zwei Mal die Möglichkeit zu berufen.

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