Bereits 209 Tote durch rechten Terror seit der deutschen Wende
„Zunächst stellte sich mir die grundsätzliche Frage, wie es sein kann, dass solche Volksgruppen überhaupt in meinem Land sind? Diese Menschen sind äußerlich instinktiv abzulehnen und haben sich (...) nicht als leistungsfähig erwiesen.“
Der Attentäter von Hanau scheint – zumindest nach Durchsicht seines kruden Pamphlets – zwar kein überzeugter Nationalsozialist gewesen zu sein. Er stellte jedoch die „Deutsche Rasse“ an die Spitze der Menschheit und „schlussfolgerte“, Milliarden von Menschen „zu eliminieren“.
Reihe von Anschlägen
Diese Vorstellung von einem ausländerfreien Deutschland teilten und teilen zahlreiche rechtsextreme Gruppierungen in der Bundesrepublik. Erst vergangenen Freitag schlugen die deutschen Behörden zu, fassten zwölf Männer, die Attacken gegen Muslime und Asylwerber geplant hatten, um die Bundesrepublik „zu erschüttern und letztlich zu überwinden“.
Rechte Gewalt ist jedoch kein neues Phänomen der deutschen Nachwende-Zeit – 209 Menschen sind laut der deutschen Amadeu Antonio Stiftung seit der Wiedervereinigung rechtsextremem Terror zum Opfer gefallen. Einer der ersten Toten war Amadeu Antonio Kiowa. Eine Gruppe junger Neonazis wollte „irgendwelche Ausländer zusammenkloppen“, fand den aus Angola stammenden Mann und prügelte ihn zu Tode. Immer wieder kam es zu Angriffen auf Asylheime, Rechtsextreme zündeten Wohnhäuser an, in denen Menschen mit ausländischen Wurzeln lebten.
Die NSU-Causa
Ab dem Jahr 2000 verübte der „Nationalsozialistische Untergrund“ (NSU) sieben Jahre lang hinweg Anschläge, bei denen zehn Menschen ums Leben kamen. Nach einem U-Ausschuss im deutschen Bundestag kam endgültig ans Licht, dass die Sicherheitsbehörden in diesem Fall extrem schlampig gearbeitet hatten. Die Akten zur NSU-Causa wurden für 120 Jahre gesperrt.
Ab 2015 wurden vor allem in Ostdeutschland abermals Flüchtlingsheime in Brand gesteckt, Sprengstoffattentate durchgeführt. Es grenzt an ein Wunder, dass hierbei niemand ums Leben kam.
Im Juni vergangenen Jahres wurde der Kasseler Regierungspräsident Walter Lübcke erschossen – mutmaßlich von einem Neonazi, der erst die Tat gestand, dies aber später widerrief. Am 9. Oktober 2019, dem jüdischen Jom-Kippur-Fest, wollte der rechtsradikale Stephan B. in eine Synagoge eindringen und ein Massaker verüben. Er scheiterte und schoss stattdessen zwei Menschen auf offener Straße nieder.Armin Arbeiter
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