Belarus: Verhafteten Oppositionellen drohen fünf Jahre Haft

Maria Kolesnikowa
„Maria ist guter Laune, bereit zum Kampf“, sagte ihre Anwältin. „Sie bestätigt, dass sie ihren Reisepass zerrissen hat."

Die weißrussische Oppositionsführerin Maria Kolesnikowa und ihr Mitstreiter Maxim Snak sind wegen des Vorwurfs der Gefährdung der nationalen Sicherheit in Minsk in Haft. Ermittelt werde gegen beide auch wegen des Versuches, das Land zu „destabilisieren“, erklärte das zuständige Ermittlungskomitee am Mittwoch in Minsk.

Erneut weißrussischer Oppositioneller festgenommen

Maxim Snak


Kolesnikowa und Snak, die beide nach Angaben der Opposition in Minsk verschleppt worden waren, drohen fünf Jahre Gefängnis. Die Oppositionsführerin befinde sich derzeit in einem Gefängnis in der Hauptstadt Minsk. „Maria ist guter Laune, bereit zum Kampf“, sagte ihre Anwältin Ljudmila Kasak der Nachrichtenagentur AFP. Sie fügte hinzu: „Sie bestätigt, dass sie ihren Reisepass zerrissen hat, um in Belarus bleiben zu können.“

Kolesnikowa war - nach internationalem Rätselraten über ihr Verschwinden in Minsk - in der Nacht zum Dienstag an der ukrainischen Grenze aufgetaucht und dort nach offiziellen Angaben festgenommen worden. Nach Angaben von Augenzeugen wurde die 38-Jährige an die Grenze gebracht, um dort gegen ihren Willen in die Ukraine abgeschoben zu werden.

Auf Rücksitz gestoßen

„Sie wurde in den Rücksitz gestoßen, sie hat geschrien, dass sie nirgendwo hingehe“, berichteten Anton Rodnenkow und Iwan Krawtsow, die an der Grenze dabei waren und sich für die Ausreise in die Ukraine entschieden hatten.

Belarus: Verhafteten Oppositionellen drohen fünf Jahre Haft

Rodnenkow und Krawtsow

Die 38-Jährige aber habe „ihren Reisepass zerrissen“, sei „aus dem Fenster ins Freie geklettert“ und zurück Richtung Belarus gegangen. Daraufhin sei sie festgenommen worden.


Dagegen erklärte der weißrussische Grenzschutz, die Oppositionelle sei bei dem Versuch festgenommen worden, die Grenze zur Ukraine zu überqueren.

Abgeführt auf Weg ins Büro

Snak wiederum wurde nach Angaben seiner Unterstützer am Mittwoch von maskierten Männern abgeführt. Augenzeugen berichteten, der 39-Jährige sei in der Nähe seines Büros von mehreren Männern in Zivil und mit Masken mitgenommen worden. Der Anwalt ist Mitglied im Koordinierungsrat der Opposition, der eingerichtet worden war, um einen friedlichen Machtwechsel in Belarus durchzusetzen.


Zusammen mit der 72-jährigen Literaturnobelpreisträgerin Swetlana Alexijewitsch war Snak der letzte Vertreter des Koordinierungsrates, der noch auf freiem Fuß war. Alexijewitsch machte am Mittwoch ihrerseits bekannt, dass versucht werde, sie einzuschüchtern. Unbekannte Männer in Zivil stünden vor ihrem Wohnblock und würden ständig klingeln. Auch Telefonanrufe soll sie bekommen haben.

Diplomatischer Schutz

Nachdem am Mittwoch Unbekannte vor der Wohnung von Swetlana Alexijewitsch in Minsk aufgetaucht waren, fanden sich europäische Diplomaten, darunter auch die österreichische Botschafterin, zu einem Blitzbesuch bei der weißrussischen Literaturnobelpreisträgerin eingefunden. „Meine erste persönliche Begegnung mit Literaturnobelpreisträgerin Swetlana Alexijewitsch. Hätte mir andere Umstände gewünscht“, twitterte die österreichische Botschafterin in Minsk, Aloisia Wörgetter, am frühen Nachmittag. Sie verbreitete ein Gruppenbild, das die Schriftstellerin im Kreis von europäischen Diplomaten zeigte.


Andere Oppositionelle wurden in den vergangenen Wochen ebenfalls festgenommen oder sind ins Exil geflohen, wie die 37-jährige Oppositionsanführerin Swetlana Tichanowskaja. Diese hält ein gutes Verhältnis ihres Landes zu Russland weiter für wichtig. „Uns verbinden Handelsbeziehungen, und gegenwärtig können wir uns nicht von Russland abwenden. Das wird immer unser Nachbar bleiben, und wir müssen ein gutes Verhältnis haben."

Hunderte Festnahmen

Seit der umstrittenen Präsidentschaftswahl am 9. August demonstrieren die Menschen in Belarus gegen den seit 26 Jahren regierenden Staatschef. Sie werfen der Regierung massiven Betrug bei der Wahl vor, die Lukaschenko nach offiziellen Angaben mit 80 Prozent der Stimmen gewonnen haben soll. Die belarussischen Sicherheitsbehörden gehen immer wieder massiv und mit Gewalt gegen Demonstranten vor. Erst am Sonntag waren bei Protesten mehr als 600 Menschen festgenommen worden.

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