Belarus: Kolesnikowa laut Familie in Untersuchungsgefängnis

Kolesnikowas Aufenthaltsort scheint weiterhin unklar
Die am Montag verschwundene Oppositionsführerin soll inhaftiert sein. Machthaber Lukaschenko spielt weiter auf Zeit.

Oppositionsführerin Maria Kolesnikowa befindet sich nach Angaben ihrer Familie in Belarus (Weißrussland) angeblich in einem Untersuchungsgefängnis in Minsk. Das teilte ihr Vater Alexander Kolesnikow am Mittwoch mit. Die Behörden hätten ihn angerufen und ihm das mitgeteilt, hieß es. Eine Bestätigung lag zunächst nicht vor.

Die 38-Jährige war am Montag verschwunden, laut Augenzeugen wurde sie im Zentrum von Minsk in ein Auto gezerrt. Sie soll daraufhin von den Behörden zur Ausreise in die Ukraine gedrängt worden sein. Als sie sich weigerte, das Land zu verlassen, wurde sie festgenommen. Ihr weiterer Aufenthaltsort war unklar.

Kolesnikowa ist eines der bekanntesten Gesichter der Demokratiebewegung, die sich gegen den autoritären Staatschef Alexander Lukaschenko stellt. Sie ist im Koordinierungsrat der Opposition, der einen friedlichen Machtwechsel will.

Einige Mitarbeiter des Gremiums sind bereits festgenommen oder zur Ausreise gezwungen worden. Am Mittwoch wurde Maxim Snak als eines der letzten zwei noch freien Führungsmitglieder verhaftet.

Die letzte noch freie Oppositionskraft aus dem innersten Kreis des Koordinierungsrates ist damit Literaturnobelpreisträgerin Swetlana Alexijewitsch. Die 72-Jährige hatte sich zuletzt weitgehend aus der Öffentlichkeit zurückgezogen, wandte sich nun aber an Präsident Lukaschenko und rief ihn zum Dialog mit der Bevölkerung auf.

„Lukaschenko sagt, dass er nicht mit der Straße sprechen wird. Aber die Straße - das sind Hunderttausende Menschen, die jeden Sonntag und jeden Tag auf die Straße gehen“, sagte sie. „Es ist nicht die Straße, es ist das Volk.“

Belarus: Kolesnikowa laut Familie in Untersuchungsgefängnis

Nobelpreisträgerin Alexijewitsch

Vor Alexijewitschs Wohnung im Zentrum von Minsk versammelten sich Journalisten, weil befürchtet wurde, dass die weltberühmte Autorin ebenfalls festgenommen wird.

Auch mehrere EU-Diplomaten, darunter Österreichs Botschafterin, besuchten sie. Die Schriftstellerin hatte zuvor berichtet, dass sie seit Wochen verfolgt werde. Unbekannte klingelten oft an ihrer Tür.

"Volksversammlung entscheidet"

Laut Lukaschenko soll es bis Anfang nächsten Jahres eine Entscheidung über mögliche Neuwahlen geben. Von Dezember bis Jänner trete die Volksversammlung (die alle fünf Jahre tagt, Anm.) zusammen, die darüber entscheiden solle, sagte der Präsident in einem Interview mit mehreren russischen Staatsmedien in Minsk. „Auf diesem Kongress werden alle Termine festgeschrieben, bis hin zu Präsidentenwahlen, falls das nötig sein sollte.“

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