Die EU spricht Lukaschenko aufgrund gefälschter Wahlergebnisse jegliche Legitimität ab, ist allerdings kein großer Player in Belarus. Geografisch gehört das Land mit 9,4 Millionen Einwohnern zum russischen Einflussbereich.
Darüber hinaus blockiert Zypern derzeit Sanktionen gegen Belarus (wegen des Gasstreits mit der Türkei und fehlender Sanktionen gegen Ankara). Die westlichen Diplomaten in Minsk sind daher zum Schweigen verurteilt. Im Hintergrund versuchen sie zu vermitteln.
Die österreichische Botschafterin in Minsk, Aloisia Wörgetter, tauchte am Montag mit ihrem lettischen und französischen Kollegen im Gericht von Minsk auf, als die Ikone der Protestbewegung, Maria Kolesnikowa, 38, dem Gericht vorgeführt wurde.
Als Geheimpolizisten die Wohnung der einzigen weißrussischen Nobelpreisträgerin umstellten, meldeten sich die Diplomaten zum Besuch bei der alten Dame an: „Meine erste Begegnung mit Literaturnobelpreisträgerin Swetlana Aleksejevich. Hätte mir andere Umstände gewünscht“, twitterte Wörgetter.
Lukaschenko regiert sein Land wie ein Großbauer, schließlich kommt er aus der Landwirtschaft. In Sowjetzeiten leitete er eine Sowchose, einen staatlichen Großbauernhof.
Seinen jüngsten Sohn Kolja hat er zum Nachfolger erkoren. 2007 wurde Kolja, das ist der Kosename für Alexander, das erste Mal der Öffentlichkeit präsentiert. Seine Mutter, eine Ärztin, spielt keine repräsentative Rolle, und auch Lukaschenkos Ehefrau Galina, Mutter der beiden längst erwachsenen Kinder, lebt vom Göttergatten seit Jahrzehnten getrennt.
Nur dem kleinen Kolja durften die Weißrussen beim Wachsen zuschauen, als Bub stand er bei Militärparaden in Uniform an Papas Seite, wurde zu Staatsbesuchen mitgenommen, war beim Papst, bei der UNO-Vollversammlung 2015 in New York. Alexander Lukaschenko hat immer wieder betont, dass er auf Auslandsbesuchen Kolja keineswegs aus logistischer Not heraus mitschleppe, sondern der Reiseeifer von diesem selbst komme.
Überliefert ist die Geschichte, dass Kolja einmal im Zorn einer Stewardess in den Finger gebissen hat und ihr sagte, „wenn ich Minister bin, werde ich dich erschießen“.
Die Demonstranten in Minsk, Grodno, Gomel, Borissow werden mit Tränengas beschossen und niedergeknüppelt. Weil das Internet so oft ausfällt, werden die Proteste jetzt per Telefon koordiniert, berichtet Vitalij, der felsenfest davon überzeugt ist, dass die Demonstrationen noch sehr lange stattfinden werden. „So lange, bis der Diktator Platz macht.“
In Weißrussland wird bereits kontrovers darüber diskutiert, ob es nicht überhaupt besser wäre, wenn die Russen das Land annektierten. Denn dann könnten die Tausenden Beschäftigten im IT-Bereich wenigstens wieder Geld verdienen und in Ruhe ihre Aufträge aus dem Westen abarbeiten. Korrupter als unter Lukaschenko könne es wohl nicht werden.
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