In Österreich hatte Schmidt vor sechs Jahren rund um die Neubesetzung im Kunsthistorischen Museum (KHM) für Schlagzeilen gesorgt. Obwohl er bereits als Nachfolger für Sabine Haag als neuer KHM-Direktor feststand, sagte Schmidt kurzfristig ab. Der Grund: Sein Vertrag mit den Uffizien war doch noch verlängert worden.
Die Bürger wollten es
Beim Treffen auf der Terrasse seines Hauptquartiers, von wo aus man einen einzigartigen Blick auf die Stadt genießt, erzählt Schmidt dem KURIER, dass es nicht seine eigene Idee gewesen sei, zu kandidieren, sondern die der Bürger. Weil er kein drittes Mal als Uffizien Direktor kandidieren durfte, „wurde ich immer wieder von den Leuten auf der Straße aufgehalten und gebeten mich der Wahl zum Bürgermeister zu stellen.“
Wie will er Florenz wieder „einzigartig" machen? Die Stadt brauche mehr Kindergärten, längere Nachmittagsbetreuung für die Kleinen und die Schulpflichtigen; mehr Studentenheime; das Kunsthandwerk dem Florenz seine Einzigartigkeit verdankt, müsse wieder belebt werden.
Er versprach den städtischen Park le Cascine, der im Laufe der Jahre immer gefährlicher geworden sei, zu Florenz´ Central Park zu verwandeln und wie er den Massen-, beziehungswiese Fastfood-Tourismus unter Kontrolle bringen werde. Unter anderem, indem man für einen längeren Besuch Rabatte bekommen könnte.
Mangelnde Sicherheit und der Overtourismus sind die zwei Themen, die alle Florentiner umtreiben. So erzählt zum Beispiel Maria, Mitte 20, Kellnerin in einem Lokal in Piazza Santo Spirito: „Nach einer gewissen Uhrzeit wird die Stadt gefährlich.“ Drei Studenten, die zur Veranstaltung am Dienstag gekommen waren, erzählten wiederum von einer Stecherei vor der Uni. Sie wollen Schmidt wählen.
Maria, wird stattdessen gar nicht erst ins Wahllokal gehen. „Florenz erstickt vor lauter Touristen“, sagt sie. „Doch weder Schmidt noch jemand anders wird etwas dagegen unternehmen. Touristen bringen Geld, und auf das will niemand verzichten.“
Aber geht das überhaupt: Ein Deutscher der Florenz regiert? Seit einigen Jahren besitzt der mit einer Italienerin verheiratete Deutsche auch einen italienischen Pass. Wie kommt es, dass gerade eine nationalistische Partei wie Fratelli d’Italia von Premierministerin Giorgia Meloni ihn unterstützt?
Auf die Frage antwortete eine Frau nach der Veranstaltung: „Wir Florentiner benehmen uns noch immer wie die politisch verfeindeten Guelfen und Ghibellinen von einst. Deswegen hat einer der von Draußen kommt mehr Chancen.“ Schmidt selber, auf die politische Richtung seiner Unterstützer hinweisend, sagt: „Ich halte nichts von ideologisch zugespitzter Kommunalpolitik. Ich bin ein unabhängiger Kandidat, der von einer konservativ-liberalen Koalition unterstützt wird und ein bürgerlich-pragmatisches Programm vertritt.“
"Will Administrator sein"
Leichter gesagt als getan. Werden ihm seine Unterstützer die nötige Beinfreiheit lassen oder versuchen seine politische Unerfahrenheit ausnützen? „Ich will ja gar nicht Politiker werden“ antwortet Schmidt schlagfertig. „Ich will Administrator sein, die Fähigkeiten, die ich im Museumsbereich und im privaten Sektor erworben habe, zum Nutzen dieser Stadt einsetzen.“ Und was die Beinfreiheit betrifft „die muss man sich nehmen. Als ich Direktor der Uffizien wurde, war’s am Anfang auch nicht leicht.“
Die Chancen für Schmidt stehen außerdem nicht schlecht, weil sich sogar der eine oder andere Mitte-Links- Wähler mit dem Gedanken spielt ihm seine Stimme zu geben. „Ich habe mein ganzes Leben links gewählt“, sagt ein älterer Herr. „Diesmal könnte ich mich anders entscheiden. Schmidt ist dynamisch und das braucht die Stadt.“ Anders sieht es seine Frau. „Als er die Uffizien übernahm, versprach er den Besuch zu einem gehobenen kulturellen Ereignis zu machen. Eingeladen hat er aber Influencer und Popsänger.“
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