Bekannte Gesichter, Frauenmehrheit: Spaniens Premier Sánchez bildet Kabinett

Bekannte Gesichter, Frauenmehrheit: Spaniens Premier Sánchez bildet Kabinett
Sánchez setzt auf enge Vertraute und treue Weggefährten. Die mitunter auf Konfliktkurs gehenden Führer von Podemos wurden nicht wieder ins Kabinett aufgenommen.

Am Dienstag hat Spaniens König Felipe VI. im Madrider Zarzuela-Palast die Minister der neuen spanischen Linksregierung von Regierungschef Pedro Sánchez vereidigt. Die Beweggründe hinter der Auswahl der insgesamt 22 Minister sind kaum zu übersehen: Sánchez setzt auf enge Vertraute und treue Weggefährten, ließ polemische Eigenbrötler von Bord gehen, denn die Legislatur wird mehr als kompliziert. Als Premier war Sánchez selbst bereits am vergangenen Donnerstag angelobt worden.

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Sánchez' Sozialisten (PSOE) hatten die Parlamentsneuwahl im Juli gegen die konservative Volkspartei (PP) von Oppositionsführer Alberto Núñez Feijóo verloren. Der erreichte im September jedoch keine ausreichende Parlamentsmehrheit. Diese erzielte Sánchez vergangenen Donnerstag nach einem polemischen Deal mit Kataloniens Separatisten.

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Warum dürfte die Legislatur so kompliziert werden? Sánchez Minderheitsregierung mit der linken Sumar hängt politisch gleich von sechs Regionalparteien ab, die alle für ihre Unterstützung von Sánchez' Wiederwahl hohe Forderungen stellen. Bei der Coalición Canaria von den Kanarischen Inseln und der galicischen BNG sind das vor allem mehr Investitionen in ihre jeweilige Regionen.

Basken fordern weitere Autonomierechte

Doch bei den baskischen Nationalisten der PNV und der separatistischen baskischen EH Bildu gehen die Forderungen auch in Richtung "nationaler Anerkennung" und weiterer Autonomierechte. Das höchste Risiko für die aktuelle Minderheitsregierung geht allerdings von den beiden katalanischen Separatistenparteien aus - den in Barcelona regierenden Linksrepublikanern der ERC und Carles Puigdemonts Junts. Vor allem Junts gab nur ihre Zustimmung für Sánchez' Wiederwahl, nachdem dieser sich zu einem mehr als polemischen Amnestiegesetz für die juristisch verfolgten und größtenteils schon verurteilten Verantwortlichen für das illegale Unabhängigkeitsreferendum von 2017 in Katalonien verpflichtete.

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Doch Kataloniens Separatisten reicht das nicht. Vor allem mit Blick auf die Regionalwahlen in Katalonien im Jahr 2025 werden sie auf ein neues Unabhängigkeitsreferendum pochen, was die Regierungsstabilität spätestens in einem Jahr auf eine harte Probe stellen wird, sollte Sánchez den Separatisten nicht noch weiter entgegenkommen.

Massendemonstrationen seit zwei Wochen

Schon seit zwei Wochen organisieren Spaniens Konservative und die rechtspopulistische Vox landesweit Massendemonstrationen gegen das geplante Amnestiegesetz. Oppositionsführer Feijóo kündigte nicht nur den Kampf gegen Sánchez' "Ausverkauf Spaniens" im Parlament sowie im Senat an, wo die Konservativen eine absolute Mehrheit haben, sondern auch auf der Straße.

Bei so einem Panorama setzte Sánchez auf treue Weggefährten bei der Auswahl seines neues Kabinetts, Politikprofis und Parteisoldaten. Eine Schlüsselfigur im neuen Kabinett ist Präsidialamtsminister Felix Bolaños, der als enger Vertrauter für Sánchez die Verhandlungen mit den katalanischen Separatisten bei der Regierungsfindung führte und nun zusätzlich auch als neuer Justizminister das Amnestiegesetz durchbringen soll.

Ansonsten zählt Sánchez auf den harten Kern: Nadia Calviño bleibt Wirtschaftsministerin auf Abruf, weil sie eventuell im Dezember zur neuen Vorsitzenden der Europäischen Investitionsbank (EIB) gewählt werden könnte.

Bekannte Minister

Finanzministerin bleibt Sánchez getreue PSOE-Vizechefin Maria Jesus Montero. Auch Verteidigungsministerin Margarita Robles, Innenminister Fernando Grande-Marlaska, Außenminister Jose Manuel Albares und natürlich Umweltministerin Teresa Ribera bleiben als treue und zuverlässige Gefährten in ihren Ämtern.

Ein wichtiger Neuzugang dürfte der Minister für Territorialpolitik und Demokratische Erinnerung sein. Angel Víctor Torres, ehemals Regionalpräsident der Kanarischen Inseln, gilt als dialogbereiter Verhandlungspartner, der die zahlreichen Forderungen der Regionalparteien für ihre Regierungsunterstützung umsetzen soll. Neue Regierungssprecherin wird die 46-jährige Pilar Alegría, die auch das Sport- und Bildungsministerium übernimmt und sich zuvor als wortstarke PSOE-Sprecherin einen Namen machte.

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Zudem musste Sánchez fünf der insgesamt 22 Ministerien an seinen kleineren Koalitionspartner Sumar von Vize-Regierungschefin und Arbeitsministerin Yolanda Diaz vergeben. Dabei holte er vor allem junge und unbekanntere Politiker wie beispielsweise den bisherigen linken EU-Abgeordneten Ernest Urtsasun als Kulturminister ins Kabinett oder mit den sozialistischen Ideen einfacher vereinbare Charaktere wie Monica García ins Gesundheitsministerium. García gehört der Formation Más Madrid an. Spaniens neue Ministerin für Jugend und Kindheit, Sira Rego, kommt innerhalb der Sammelbewegung Sumar aus der Vereinten Linken (IU).

Bewusst einigten sich Sánchez und Yolanda Diaz darauf, vor allem die mitunter auf Konfliktkurs gehenden Führer von Podemos nicht wieder ins Kabinett aufzunehmen. Das könnte aber noch Stress geben. Die Formation, die sich nach den letzten Wahlpleiten ebenfalls in Sumar integrierte, fühlt sich verraten und könnte sogar wieder aus Sumar austreten. Doch für viele Gesetzesinitiativen wird die linke Minderheitsregierung dessen fünf Stimmen nötig brauchen.

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