Bauern wollen Deutschland lahmlegen: Warnung vor rechtsextremer Unterwanderung
Traktorkonvois, Blockaden und Kundgebungen: Deutschlands Landwirte planen ab morgen Montag im ganzen Land große Protestaktionen. Auslöser für den Protest, der schon vor Weihnachten startete, waren die geplanten Kürzungen der Subventionen für die Branche im Zuge der Haushaltskrise (etwa die Abschaffung von Steuervergünstigungen für Agrardiesel und das Ende der Kfz-Steuer-Befreiung von land- und forstwirtschaftlichen Fahrzeugen). Die geplanten Kürzungen sind teilweise wieder zurückgenommen worden.
Der Deutsche Bauernverband (DBV) hält dennoch an seinen Plänen fest; Landwirte verweisen auf "30 verfehlte Agrarpolitik" der deutschen Bundesregierung, die viele Bauern ans Existenzminimum getrieben habe.
Polizei und Behörden rechnen mit starken Verkehrsbeeinträchtigungen. Auch Arbeits- und Schulwege dürften betroffen sein. Einzelne Bundesländer haben bereits angekündigt, ein Fehlen der Schüler und Schülerinnen aufgrund Verkehrseinschränkungen nicht als Schwänzen werten zu wollen.
Die Aktion findet nur wenige Tage, nachdem eine aufgebrachte Menge an Landwirten den deutschen Wirtschaftsminister Robert Habeck (Gründe) am Verlassen einer Fähre in Schleswig-Holstein gehindert hat, statt. Der Vorfall hatte parteiübergreifende Kritik und Warnungen vor einer Radikalisierung ausgelöst.
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Polizei und Lindner: "Unverhältnismäßig"
Die Polizeigewerkschaft in Bayern befürchtet eine Überlastung der Polizei und kritisierte die Landwirte. "Viele Aktionen schießen da nicht nur rechtlich weit übers Ziel hinaus, sie stellen in Teilen auch Verkehrsgefährdungen sowie Gefährdungen der öffentlichen Sicherheit und Ordnung dar", erklärte der Polizeigewerkschafter Thorsten Grimm. Ähnlich sieht es Bundesfinanzminister und FDP-Chef Christian Lindner; er kritisierte die Protestpläne als unverhältnismäßig: "Sie haben sich verrannt, bitte kehren Sie um", sagte er in Richtung Bauern auf dem Dreikönigstreffen seiner Partei.
Im östlichen Bundesland Sachsen sind etwa Hunderte Aktionen geplant, die massiv den Verkehr beeinträchtigen dürften. Diese reichen vom Korso mit Traktoren und mit Autos über Blockaden von Autobahnauffahrten und Verkehrsknotenpunkten bis hin zu Kundgebungen. Laut den Protestlern sollen 95 Prozent aller Autobahnauffahrten in Sachsen blockiert werden.
Angst vor rechtsextremer Unterwanderung
Unterstützung erhalten die Gruppen dabei von anderen Verbänden, wie dem Hotel- und Gaststättenverband Sachsen (DEHOGA), Fleischerinnungen oder dem Landesverband "Sächsisches Obst". Gleichzeitig distanzieren sich die Landwirte nach eigenen Angaben von Aktionen, die von Akteuren wie den rechtsextremen "Freien Sachsen" im Fahrwasser der Bauernproteste geplant werden.
Experten beobachten, dass Rechtsextreme gezielt um die Gunst der Landwirte kämpfen. Das deutsche Bundeskriminalamt davor, dass die rechtsextreme Szene sowie sogenannte Querdenker die angekündigten Bauernproteste unterwandern könnten. So treten die "Freien Sachsen" als "Kümmerer" für die Interessen von Landwirten auf, um antidemokratische Ziele zu verfolgen, heißt es vom Kulturbüro Sachsen im MDR.
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Der deutsche Bauernverbandspräsident Joachim Rukwied hat rechte Gruppierungen gewarnt, die angekündigten Bauerndemonstrationen gegen Subventionskürzungen beim Agrardiesel zu unterwandern. "Rechte und andere radikale Gruppierungen wollen wir auf unseren Demos nicht haben", sagte Rukwied der Zeitung Bild am Sonntag vor dem Start der deutschlandweiten Protestwoche der Bauern.
Der Zuspruch zur AfD unter Bäuerinnen und Bauern sei zudem sehr hoch. Die AfD ermunterte ihre Anhänger, an den Demonstrationen teilzunehmen. So hätten bei den letzten Landtagswahlen 34 Prozent der Landwirte die mittlerweile als gesichert rechtsextrem eingestufte AfD gewählt. Bayerns Ministerpräsident Markus Söder (CSU) distanzierte sich zwar von "radikalen Attacken", äußerte aber "Verständnis und Solidarität" für die Proteste der Landwirte.
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Auch Bahn streikt ab Mittwoch
Auch die Bahn hat in der kommenden Woche zu Protesten aufgerufen: Die Gewerkschaft Deutscher Lokomotivführer (GDL) etwa hat erneut zu einem Großstreik aufgerufen, der laut Chef Claus Weselsky "kräftiger, länger und härter" werden soll als im vergangenen Jahr. Dieser dürfte am Mittwoch starten und soll bis Freitagabend dauern. Im laufenden Tarifstreit hatte sich die GDL bei ihren Mitgliedern bereits vor Weihnachten grünes Licht für unbefristete Streiks geholt.
Die Auswirkungen können noch nicht abgeschätzt werden, vereinzelt wird mit Chaos im Straßen- und Schienenverkehr gerechnet.
Die Arbeitsniederlegung bei DB Cargo beginne hingegen bereits am 9. Jänner um 18 Uhr. Der Bahn-Konzern habe den Weihnachtsfrieden nicht genutzt, um mit einem verhandlungsfähigen Angebot Arbeitskampfmaßnahmen entgegenzuwirken, hieß es. Die Bahn hatte am Freitag ein neues Angebot vorgelegt und erklärt, Streiks damit verhindern zu wollen.
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