Bandenkriminalität in Schweden: Stellvertreterkrieg in Stockholm

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Zwei rivalisierende Anführer führen ihre blutige Fehde vom Ausland aus, die schwedischen Behörden sind überfordert.

Die Namen klingen wie aus einem Guy-Ritchie-Film. Doch der Bandenkrieg, den die beiden schwedischen Kriminellen mit den Spitznamen "der kurdische Fuchs" und "der Grieche" seit Monaten in der Stadt Stockholm austragen, ist todernst.

Seit Weihnachten musste die Polizei 21 Mal wegen Schusswaffendelikten ausrücken. In der vergangenen Woche kam es zu Explosionen in einem Restaurant und einem Hotel (ohne Verletzte), erst am Freitag wurde ein Mann in Stockholm erschossen. Im vergangenen Jahr starben insgesamt 61 Menschen in Schweden infolge des Bandenkriegs.

Dem konservativen Regierungschef Ulf Kristersson zufolge ist die Situation "Außer Kontrolle". In einer Fernsehansprache am Montag sprach der Ministerpräsident von einem Kampf gegen "inländische Terroristen".

Auch aufgrund polizeilicher Erfolge in Schwedens drittgrößter Stadt Malmö spielt sich der Konflikt hauptsächlich in Stockholm ab. Wie Kristersson ankündigte, sollen deshalb aus dem Rest des Landes 190 Polizisten abgezogen und in die Hauptstadt verlegt werden, dazu bis zu 50 neue Stellen ausgeschrieben werden.

Täter meist extrem jung

Vor allem das Alter der Täter ist bei den Delikten auffallend: Mehr als die Hälfte der verhafteten Verdächtigen ist jünger als 18 Jahre. Wegen des milden schwedischen Jugendstrafrechts droht ihnen meist nur Bewährung - oder deutlich verkürzte Haftstrafen.

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Das Polizeiaufgebot in Schwedens Hauptstadt Stockholm wird massiv verstärkt.

Die verfeindeten Banden kämpfen der schwedischen Polizei zufolge um die Kontrolle über den Drogenmarkt. Die Gefolgschaft des "kurdischen Fuchses" soll demnach vor mehr als einem Jahr versucht haben, Einfluss in der nördlichen Region Sundvall zu gewinnen, in der die Bande des "Griechen" beheimatet ist. 

Beide Seiten würden seither versuchen, Schläge gegen die Führungsriege der jeweils anderen durchzuführen. Dass die Gewalt scheinbar kein Ende nimmt, liege laut der Polizei vor allem daran, dass sich die Anführer beide im Ausland befinden. Der "kurdische Fuchs" - als Hauptverdächtiger gilt ein 36-jähriger, kurdischstämmiger Schwede - soll sich demnach in der Türkei aufhalten. Beim angeblich erst 24-jährigen "Griechen" ist der Aufenthaltsort, anders als es der Name vermuten lässt, unbekannt. Er soll Schweden aber ebenfalls verlassen haben.

Polit-Streit - auch mit Erdoğan

Für die Minderheitsregierung von Ulf Kristersson sind die Bandenkriege ein dankbares Thema. Seine konservative "moderate Sammlungspartei" ist für die Gesetzgebung auf die Stimmen der rechtsextremen Schwedendemokraten angewiesen. Funktionäre beider Parteien stellen immer wieder in den Fokus, dass die Mehrheit der an dem Konflikt beteiligten Kriminellen Migrationshintergrund aufweisen oder selbst vor wenigen Jahren nach Schweden kamen.

Eine vom rechtsextremen Oppositionspolitiker Rasmus Paludan angeführte Demonstration vor der türkischen Botschaft in Stockholm löste in dieser Woche geopolitische Spannungen aus. Weil Paludan als Provokation an muslimische Migranten dabei eine Ausgabe des Koran verbrannte, drohte der türkische Präsident Recep Tayyip Erdoğan damit, den bevorstehenden Beitritt Schwedens zur NATO mit seinem Veto einen Riegel vorzuschieben.

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