Wie gefährlich ist die Lage am Golf?
Sie drohte überzukochen. Wir sind jetzt wieder knapp unter dem
Siedepunkt. Ich bin erleichtert, dass beide Seiten Signale gesendet haben, dass man nicht weiter eskalieren will. Klar ist: Wir müssen von der Sprache der Gewalt wegkommen und brauchen wieder einen politischen Prozess in der Region.
Trump hat mit General Soleimani einen Mörder Hunderter US-Soldaten beseitigt oder Trump hat mit der Aufkündigung des Atomdeals den bereits ins Boot der Vernunft geholten Iran wieder in die Ecke gestellt – was stimmt?
Darum geht es nicht. Wie man in den Wald ruft, so schallt es zurück. Der Iran muss wissen, dass er im Irak, Libanon, in Syrien Aktivitäten gesetzt hat, die nicht konform sind mit dem, was die internationale Gemeinschaft haben will. Andererseits war der Akt der USA …
Die Raketen auf den General?
… ja, ein Akt, den wir nie setzen würden und der nicht unserer Sprache entspricht. Und wir stehen zum Atomabkommen, Österreich besonders, es wurde schließlich in Wien verhandelt. Unsere Sprache ist, auf einen Dialog zu pochen.
Wien als Ort für Verhandlungen anzubieten ist nett ...
Das Angebot ist ernst gemeint. Wien genießt großes Vertrauen. Aber ich gehe mit dem konkreten Vorschlag ins Minister-Treffen: Wenn die Parteien nicht bereit sind, an den Verhandlungstisch zu kommen, bringen wir, die EU, den Verhandlungstisch zu ihnen – ein Mandat für eine Art europäische Shuttlemission zwischen Teheran und Washington. (Es wurde schließlich ein Mandat für Joseph Borrell, zu versuchen, den Dialog wieder in Gang zu bringen.)
Auf einer Skala von 1 bis 10: Wie sehr macht es das erratische Agieren Donald Trumps Führern wie Wladimir Putin oder Xi Jinping auf der Weltbühne leicht?
Die Entwicklung betreffend
Russland und China hat schon viel früher eingesetzt, die war schon in der Amtszeit Obamas feststellbar.
Thema Brexit: Am 31. Jänner sind die Briten raus. Wie bitter ist das?
Der Austritt ist bitter, aber es ist die Entscheidung eines Mitgliedsstaates. Glücklich sind wir nicht.
Was verliert die EU mit den Briten?
Viel. Großbritannien ist eine der größten Volkswirtschaften, wir verlieren sein außenpolitisches und militärisches Gewicht. Aber vor allem auch einen Zugang zum europäischen Markt und zur europäischen Politik, die manchmal auch ausgleichend gewirkt hat – vor allem die Sicht einer Handelsnation mit der Ablehnung von Überregulierung, die auch Österreichs Linie ist.
Zurück zu Österreich: Das umstrittene Saudi-Dialogzentrum hat laut Regierungsprogramm ein Jahr Zeit für eine Neuaufstellung. Welche?
Verbreiterung der Mitgliedsstaaten, stärkere Anbindung an die UNO-Familie. Wir behalten uns den Ausstieg vor, unter Wahrung des Ansehens Österreichs als verlässlicher Amtssitz für internationale Organisationen.
Ins Computersystem des Außenministeriums wurde eingebrochen. Sind die Hacker noch drin und weiß man, wer sie sind?
Der Angriff wurde sehr schnell erkannt, ist aber noch im Laufen. Die IT-Experten, die mit Hochdruck an der Lösung arbeiten, sagen, dass der Angriff sehr, sehr professionell ist und die Vermutung naheliegt, es könnte ein staatlicher Akteur sein.
Russland ist schon öfter als Hacker aufgetreten, in Deutschland, in Estland …
Das wäre reine Spekulation.
Apropos Russland: Wie stehen Sie zu den Sanktionen, nachdem es vorsichtige Annäherungen zwischen Moskau und Kiew gab?
Die EU könnte sich schon überlegen, im Sanktionsbereich ermutigende Schritte zu setzen. Aber ohne wirklich greifbare und starke Fortschritte vor Ort wird es keine Änderung geben.
Österreich war zu Zeiten der FPÖ-Regierungsbeteiligung sehr Russland-freundlich, Stichwort: Knicks der Außenministerin vor Putin, Freundschaftsvertrag der FPÖ mit der Partei „Einiges Russland“.
Wir haben immer eine Politik verfolgt, die Dialogkanäle mit Russland offen zu halten. Es kann keine nachhaltige Sicherheit und Frieden in Europa gegen Russland geben, sondern nur mit Russland. Aber die Wahrnehmung, die entstanden ist, war vielleicht etwas verzerrt, weil man den Eindruck hatte, dass mehr erfolgt, als tatsächlich ist.
Sie hatten im Außenamt die EU-Sektion inne, haben als Minister aber nicht mehr die EU über, die hat EU-Ministerin Edtstadler über – schmerzt das?
Überhaupt nicht. Das Außenministerium ist ja weiterhin für Europa zuständig. Und es sind ja die Diplomatinnen und Diplomaten, die die österreichische EU-Politik in Brüssel, Berlin, Dublin oder anderswo auf den Boden bringen müssen. Ich halte es für sinnvoll, dass die EU-Kompetenz seit 2017 in der Nähe des Regierungschefs angesiedelt ist.
Sie sind mit Diplomatie aufgewachsen, Ihr Vater war Botschafter und Außenamts-Generalsekretär – wie hat sich der Beruf des Diplomaten verändert?
Massiv, allein schon durch die elektronische Kommunikation und die Sozialen Medien. Früher hat ein Botschafter viel stärker zurückberichten müssen, was in einem Land passiert, das ist heute im globalen, medialen Dorf weniger der Fall. Aber die Grundwerte der Diplomatie sind unverändert: Es braucht Menschen, die Kontakt zu anderen handelnden Personen suchen und haben, die erklären, die in die Materien eintauchen.
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