Nach Tod von Liu Xiaobo: China unter Beschuss

Der 61 Jahre alte Bürgerrechtler, der 2009 wegen "Untergrabung der Staatsgewalt" zu elf Jahren Haft verurteilt worden war, war am Donnerstag nach einem schweren Krebsleiden in einem Krankenhaus gestorben.

Nach dem Tod des Dissidenten und Friedensnobelpreisträgers Liu Xiaobo haben führende Politiker an China appelliert, seine Witwe nun ohne Restriktionen ausreisen zu lassen. Unter anderm verlangten die EU und das US-Außenministerium von Peking, die Einschränkungen der Bewegungs- und Kommunikationsfreiheit von Liu Xia aufzuheben. China wies jegliche Kritik an seinem Vorgehen scharf zurück.

Der 61 Jahre alte Bürgerrechtler, der 2009 wegen "Untergrabung der Staatsgewalt" zu elf Jahren Haft verurteilt worden war, war am Donnerstag nach einem schweren Krebsleiden in einem Krankenhaus gestorben. Sein Leben lang hatte sich der Bürgerrechtler friedlich für Demokratie, Menschenrechte und Toleranz in China eingesetzt. 2010 erhielt er dafür den Nobelpreis, was die chinesische Regierung empörte. Während der Autor die vergangenen Jahre im Gefängnis verbrachte, wurde seine Ehefrau Liu Xia in Peking unter Hausarrest gestellt.

EU fordert Freilassung von Inhaftierten

EU-Kommissionspräsident Jean-Claude Juncker und Ratspräsident Donald Tusk appellierten an die Regierung in Peking, keine Auflagen für das Begräbnis zu machen und die Familie in Ruhe trauern zu lassen. Auch sollten die Witwe und deren Bruder die Erlaubnis erhalten, China zu verlassen, erklärten Tusk und Juncker am Donnerstagabend. Sie fügten hinzu: "Wir bekräftigen den Appell der Europäischen Union, alle aus Gewissensgründen Inhaftierten in China freizulassen."

US-Außenminister Rex Tillerson nannte Liu Xiaobo einen Vorkämpfer für Freiheit, Gleichheit und Rechtsstaatlichkeit in China, dessen Witwe nun aus dem Hausarrest entlassen werden müsse. Präsident Donald Trump kondolierte den Hinterbliebenen zwar in einer knappen Mitteilung, verzichtete aber auf eine derartige Forderung an Peking.

Staaten sollen Chinas Justiz respektieren

China wies die Kommentare aus dem Ausland zurück. Staaten, die nun Kritik übten, sollten Chinas "Justiz und Souveränität respektieren", forderte ein Sprecher des Außenministeriums am Freitag laut der staatlichen Nachrichtenagentur Xinhua. "Der Umgang mit dem Fall von Liu Xiaobo gehört zu den inneren Angelegenheiten Chinas, und andere Länder sind in keiner Position, unsachgemäße Bemerkungen zu machen."

Zwei ausländische Ärzte, der Heidelberger Professor Markus Büchler und der US-Krebsspezialist Joseph M. Herman, hatten nach einem Besuch bei Liu Xiaobo am Wochenende - anders als ihre chinesischen Kollegen - konstatiert, dass der 61-Jährige zu diesem Zeitpunkt noch transportfähig gewesen wäre. Die Kliniken der Universitäten von Heidelberg und Texas waren bereit, den Patienten aufzunehmen. China lehnte das ab.

"Giganten der Menschenrechte"

Politiker und Menschenrechtsorganisationen würdigten Liu Xiaobo als einen der prominentesten Fürsprecher der Menschenrechte in China. Amnesty International nannte ihn einen "Giganten der Menschenrechte". Die EU-Spitze hob hervor, sein persönlicher Einsatz während der Proteste auf dem Platz des Himmlischen Friedens (Tiananmen-Platz) 1989 habe Hunderte oder sogar Tausende Menschenleben gerettet.

Die im Exil lebenden ehemaligen Studentenführer der Proteste am Tian'anmen-Platz, Wang Dan und Wuer Kaixi, griffen die chinesische Regierung nach dem Tod des Friedensnobelpreisträgers scharf an. "Ich hoffe, dass sich die Welt für immer erinnern wird, wie die Kommunistische Partei Chinas, diese neue Nazi-Bande, Liu Xiaobo brutal zu Tode gefoltert hat", schrieb Wang Dan am Donnerstag auf Facebook. "Das war ein politischer Mord". Wuer Kaixi schrieb: "Jetzt haben wir ein weiteres Datum, das uns an Zerstörung, Wut, Ekel, Verzweiflung erinnert - und an Freiheit, Träume und Hoffnungen für China."

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