Auf Facebook gesperrt: Die Partei, die noch rechter als Orbán ist
Die rechtsextreme Mi Hazánk feiert den Einzug ins ungarische Parlament. Währenddessen überlegt das Oppositionsbündnis den Boykott. Und was macht jetzt Orbán-Herausforderer Péter Márki-Zay?
"Dies ist der erste Schritt zur Rettung Ungarns", feierte László Toroczkai, Vorsitzender der rechtsextremen Partei Mi Hazánk (auf Deutsch "Unsere Heimat"), am Sonntag den Einzug seiner Partei ins ungarische Parlament. Rund drei Prozent Stimmenanteil wurde der Partei vorausgesagt, geworden sind es 6,2 Prozent und sieben Mandate. Wie hat das die Partei, die aufgrund ihrer neonazistischen Inhalte sogar auf Facebook gesperrt wurde, geschafft?
Hauptsächlich mit ehemaligen Wählern der rechten Jobbik, denen die Partei "zu mittig" wurde, erklärt Zsolt Enyedi, Politikwissenschafter von der Central European Universität: "Linke Wähler waren eher bereit, sich auf den Kompromiss eines Oppositionsbündnisses und den konservativen Spitzenkandidaten Péter Márki-Zay einzulassen. Man habe gedacht, rechte Jobbik-Wähler würden es ihnen gleich tun – ein Irrtum."
Zwei Drittel der enttäuschten Jobbik-Wähler gaben ihre Stimme Viktor Orbáns Fidesz-Partei – oder den Rechtsextremen. Insgesamt erhielt das Sechs-Parteien-Oppositionsbündnis weniger Stimmen als 2018, als die Parteien getrennt angetreten sind.
Totalitäre Impfskeptiker
Wie Fidesz und Jobbik stellte sich Mi Hazánk gegen Flüchtlinge und die Rechte von Homosexuellen und hinter die ungarische Nationalität, oft gleichgesetzt mit dem europäischen Christentum. Gerüchten zufolge zieren die Wände der Parteizentrale alte Karten des ehemaligen Königreichs Ungarn, als noch Teile von Rumänien, Kroatien, Slowenien und der Ukraine dazugehörten. Dazu kommt eine offen nach außen getragene antisemitische Haltung. Die strikte Ablehnung der Corona-Impfung und das "System" als Feindbild erinnert an die österreichische Protestpartei MFG, die mit einem ähnlichen Ergebnis im Herbst des Vorjahres in den Linzer Landtag eingezogen ist.
Toroczkai gründete Mi Hazánk 2018 als Abspaltung der rechten Jobbik. Er erlangte 2006 landesweite Bekanntheit, als er den Sturm von Demonstranten gegen das öffentlich-rechtliche Fernsehen nach der Veröffentlichung der sogenannten Lügenrede des damaligen sozialistischen Ministerpräsidenten Ferenc Gyurcsány anführte.
Márki-Zay bleibt Bürgermeister
Während drei Viertel der 199 Parlamentssitze demnach weiterhin von konservativen bis rechtsnationalen Parteien besetzt werden (135 Fidesz, 9 Jobbik, 7 Mi Hazánk), überlegen Oppositionspolitiker, ihre Sitze freizulassen. "Ein Boykott wäre nur effektiv, wenn die gesammelte Opposition ihre 56 Sitze freiließe", gibt Enyedi zu bedenken.
Spitzenkandidat Márki-Zay wird wohl auf sein Mandat verzichten und sein Bürgermeisteramt im südungarischen Hódmezövásárhely behalten. Er musste am Sonntagabend neben der Niederlage auf nationaler Ebene einen besonders bitteren Verlust einstecken: Er verlor in seinem eigenen Wahlkreis gegen den Fidesz-Kontrahenten.
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