Faktencheck: Asylzentren in Nordafrika

Migranten in einem Internierungslager in Tripolis. Libyen ist bekannt für seinen schlimmen Umgang mit Flüchtlingen. Menschenrechtsorganisationen kritisieren das regelmäßig
Verteidigungsminister Doskozil will Asylzentren in Nordafrika. Eine Idee, die sich kaum umsetzen lässt

Es ist kein neuer Vorschlag, den SPÖ-Verteidigungsminister Hans Peter Doskozil am Dienstag verkündete. Er wolle EU-Asylzentren in nordafrikanischen Ländern einrichten lassen, insbesondere in Libyen. Das UN-Flüchtlingshochkommissariat (UNHCR) solle für die nötigen humanitären Standards sorgen. Dort sollen Flüchtlinge – die seit Schließung der Balkanroute und Türkei-Deal vermehrt über Libyen den Weg nach Europa suchen – ihre Asylanträge stellen. Und gar nicht erst die lebensgefährliche Reise übers Mittelmeer antreten.

Der KURIER unterzog den Vorschlag, der in ähnlicher Form schon 2004 von dem deutschen SPD-Politiker Otto Schily, 2015 von Ex-Innenministerin Johanna Mikl-Leitner und im vergangenen April von der deutschen Kanzlerin Angela Merkel ins Gespräch gebracht worden war, einem Faktencheck.

Faktencheck: Asylzentren in Nordafrika

Lage in Libyen

Vor allem das Bürgerkriegsland Libyen ist ein großes Fragezeichen. Zwei rivalisierende Regierungen kämpfen gegeneinander, der IS hat sich festgesetzt und eine dritte, von der UN unterstützte Einheitsregierung hat kaum Bewegungsspielraum. Sie kontrolliert nur Teile von Tripolis und Misrata – und auch das nur unter Duldung mächtiger Milizen. Doskozils Sprecher zeigt sich gegenüber dem KURIER aber optimistisch, dass man "auch mit Ländern wie Libyen Gespräche führen kann".

Instabiles Nordafrika

Zwar will sich der Minister bis auf Libyen noch auf keine konkreten Standpunkte für die Zentren festlegen, doch scheint auch die Lage in den anderen nordafrikanischen Ländern dafür nicht stabil genug. Die Asylsysteme sind erst im Aufbau, die Machthaber nicht fest genug im Sattel für ein solches Projekt. Eventuell könnte der Köder "Wirtschaftshilfe" aber die eine oder andere Regierung überzeugen, mitzuspielen.

UNHCR-Kooperation

Die von Doskozil angestrebte Kooperation mit dem UNHCR ist ein großes Fragezeichen. "Resettlement ist in unserem Interesse", sagt Sprecherin Ruth Schöffl. "Aber so nah wie möglich am Heimatland." Die Flüchtenden in Nordafrika hätten bereits gefährliche Fluchtwege hinter sich. Das UNHCR würde Programme in den betroffenen Regionen bevorzugen. "Resettlement, Familienzusammenführung – die Lösungen liegen auf dem Tisch", so Schöffl. "Aber die EU bietet zu wenige Plätze an. Wieso sollte sich das mit diesem Projekt ändern?"

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