Armes Würstchen - keine Currywurst in Volkswagen-Kantine
Von Eva Sager
Sie hat wahrlich keine leichte Zeit, die Currywurst. Da muss sie sich schon gegen Fleischersatzprodukte wehren, gegen Veggie-Bowls und Hülsenfrüchte, und jetzt fällt ihr auch noch Volkswagen in den Rücken. Im Stammsitz des Automobilkonzerns in Wolfsburg wird nach dem Betriebsurlaub nämlich nur noch vegetarisch gegessen. Und das ruft Gerhard Schröder auf den Plan.
Der Umwelt zuliebe
Mit ihrer Stückzahl überholt die Volkswagenfleischhauerei regelmäßig die Autoproduktion. Im Vorcoronajahr 2019 wurden dort rund sieben Millionen Currywürste produziert . Dazu kamen 550 Tonnen Ketchup.
Autos und Fleisch – zwei Produkte, die nicht gerade zeitgeistig grün sind. Eine schwierige Aufgabe.
Mit der Neuausrichtung der Kantine will man dementsprechend nicht nur mehr Gemüse auf den Teller bringen, sondern auch das Thema Nachhaltigkeit. Weniger Fleischverzehr pro Woche würde auch der Umwelt helfen, heißt es bei Volkswagen. Nach Einschätzung des Deutschen Hotel- und Gaststättenverbands (Dehoga) setzt man mit der Umstellung auf vegetarische und vegane Küche auf einen Trend, den es schon seit einigen Jahren gibt.
Für Currywurst-Liebhaber Schröder offensichtlich kein besonders schlagendes Argument. Der WWF Deutschland gibt dem ehemaligen Bundeskanzler via Kommentar mit: „Glauben Sie uns, es lässt sich wunderbar ohne Currywurst leben, bei uns ist noch kein Arbeiter vom Stuhl gekippt, obwohl die Mehrheit unserer Kollegen vegan oder vegetarisch lebt.“
Seit 1949 ist sie aus Deutschland nicht mehr wegzudenken
Stolze 72 Jahre alt ist der Würstelstand-Klassiker. Woher er genau kommt ist unklar, sowohl Berlin als auch Hamburg pachten den Erfolg für sich. Schlussendlich zum Patent angemeldet wurde die Currywurst von Imbissbudenbesitzerin Herta Heuwer 1949. Sie soll an einem verregneten Septemberabend im West-Berliner Charlottenburg aus Langeweile und mangels Kundschaft die erste Currywurst kreiert haben. Auch im eigentlichen Rezept um die Wurst herrschen regionale Uneinigkeiten. Im Ruhrgebiet erhält man Brühwürste aus Schweinefleisch, Speck und Wasser ähnlich einer Bratwurst, in Berlin kennt man die Currywurst als klein geschnittene Bockwurst. Konsens besteht in der Entstehungszeit: Die Currywurst wurde nach dem Zweiten Weltkrieg als spontane Idee umgesetzt. Erst mit der Ankunft der britischen und US-amerikanischen Besatzungsmächte erlangten die Hauptzutaten, Ketchup und Curry, ihre Bekanntheit. Feststeht, beliebt ist die Currywurst noch immer. Laut dem Currywurst Museum Berlin wird sie allein in Deutschland jährlich rund 800 Millionen Mal verspeist.
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