Der Kontakt der israelischen Journalisten zur "Chaos-Fabrik" lief zu Beginn allein über Mittelsmänner. Sie knüpften ihn über einen „Kenner der Branche digitale Geschäftsberatung“. Der sich aber schon gut im möglichen Angebot auskannte. Ein Aufschub der Wahlen in Tschad? Kein Problem.
Israels etablierte Hacking-Szene hält sich derzeit bedeckt. Kommt es irgendwo auf der Welt zur Aufdeckung von Hacking, sind Israelis nicht immer, aber fast immer mit dabei: Cambridge-Analytics, NSO, Pegasus. Laut letzten Enthüllungen auch die namenlose Firma aus Modiin, die sich den als potenzielle Kunden auftretenden Journalisten als „Team Jorge“ vorstellte.
Weitere Enthüllungen angekündigt
Israel steckt zurzeit selbst in einer Verfassungskrise. Die politischen Gemüter in Regierung wie Opposition laufen heiß. Enthüllungen über zivile Spionagetätigkeiten in 30 Ländern weltweit kommen in diesen Tagen ungelegen. Zum Wochenende sind weitere Enthüllungen angekündigt.
Auch Israels Medien haben bislang nur lakonisch die breit angelegten Enthüllungen in den Zeitungen Haaretz und TheMarker aufgenommen. Das Verteidigungsministerium hat noch nicht auf die Frage reagiert, wie (schon wieder) eine zivile Firma mit militärischem Knowhow im Ausland arbeiten konnte.
Auch Tal Chanan zog es im Gespräch mit den als potenziellen Kunden getarnten Journalisten vor, diese Frage zu ignorieren. Dabei ist er alles andere als der militärisch ausgebildete Superhacker. „Er hat in einer stinknormalen Einheit der Luftstreitkräfte gedient“, weiß einer, der ihn kennen will, „aber er ist heute überraschend gut vernetzt mit Führungen von Geheimdiensten in aller Welt.“
Sechsstellige Preise
Darum fängt der Preis für die Dienstleistungen des Team Jorge sofort im sechsstelligen Bereich an. Und kann schnell in die Millionen gehen. „Wir arbeiten Tag und Nacht über Monate hin“, erklärt Tal Chanan. Und das demonstrativ selbstsicher. Mit einem irgendwie „angeübten Charisma“.
Wie das Endprodukt dem Kunden etwas kostet, so kosten die „Kontakte mit den richtigen Leuten“ auch dem Team Jorge eine Menge Geld. Darunter Geschäftsleute und Politiker, die gemeinhin als aufrichtig und zuverlässig bekannt sind. Und für Tal Chanans Kunden auch schon mal Kontakte bis ins Weiße Haus und andere Residenzen in aller Welt anbahnen.
Einer aus dem Team erklärte es so: „Ich bin nicht links, ich bin nicht rechts. Ich arbeite für alle, die zahlen.“
"Krieg gegen die Demokratie"
Für die Medienwissenschaftlerin Prof. Anat Ben David ist das breit gefächerte Angebot einzigartig. Hacking in Mails und Kurznachrichten; Diebstahl von Informationen wie auch deren Einschleusung; Meinungsmache mit einer „Armee künstlicher Profile“ in den Netzwerken, aber auch in Mainstream-Medien: „Zum ersten Mal sehen wir hier die Streuung von Desinformation in Tateinheit mit Cyber-Angriffen. Mit solchen Technologien sind Wahlen kein demokratischer Prozess mehr, sondern ein Schlachtfeld, auf dem alle Mittel eingesetzt werden. Im Krieg gegen die Demokratie."
Übrigens: Der Wahlaufschub in Tschad kam zustande. Ohne Jorges Einwirkung.
Kommentare