Angst vor Mutationen: In Europa gehen die Grenzbalken hinunter

Grenzkontrolle in Bayern
Immer mehr Länder setzen auf Einreisekontrollen, um die Einschleppung neuer Corona-Varianten zu verhindern. Ein Überblick.

"Das Virus kommt mit dem Auto", warnte Bundeskanzler Sebastian Kurz vorigen Sommer. Und auch jetzt steht der Autoverkehr im Mittelpunkt der Debatte um neuerliche Grenzschließungen im - eigentlich - vereinten Europa.

Aus Sorge vor einer Ausbreitung der südafrikanischen Coronavirus-Variante, die derzeit gehäuft in Tirol auftritt, sehen sich mehrere Länder gezwungen, die Einreisebestimmungen massiv zu verschärfen, auch wenn das in der EU nicht gerne gesehen wird. 

Den Anfang machte das deutsche Bundesland Bayern, das am Sonntag seine Grenze zum "Mutationsgebiet" Tirol schloss - was dort und in Wien scharf kritisiert wird. 

Derzeit dürfen nur Deutsche sowie Ausländer mit Wohnsitz und Aufenthaltserlaubnis in Deutschland von Tirol aus nach Bayern einreisen. Ausnahmen gibt es für medizinisches Personal, Lkw-Fahrer, landwirtschaftliche Saisonkräfte und noch nicht näher definierte "systemrelevante Pendler". Das Durchreisen etwa von Tirol nach Salzburg ist bis auf weiteres ebenfalls nicht möglich.

Dicke Luft am deutschen Eck

Auch Italien will Einreisende aus Österreich künftig genau kontrollieren. Sie müssten sich einem Corona-Test und einer Quarantäne unterziehen, sieht eine neue Verordnung von Gesundheitsminister Roberto Speranza vor.

Nicht nur Österreich, auch Tschechien gilt in Deutschland wegen steigender Corona-Zahlen als Gefahr. Die Regierung in Berlin erklärte das Nachbarland zum "Virusvariantengebiet" und führte stationäre Grenzkontrollen wieder ein. Österreich hat seine Kontrollen an den Grenzen zu Tschechien und der Slowakei bereits im Jänner bis Ende Februar verlängert. 

Lange Staus

Seit Sonntag dürfen nur noch Deutsche sowie Ausländer mit Wohnsitz und Aufenthaltserlaubnis in Deutschland von Tschechien aus einreisen. Ausnahmen gibt es wie für Einreisende aus Tirol u.a. für Gesundheitspersonal, Lastwagenfahrer und sonstiges Transportpersonal. Es muss allerdings ein Corona-Test vorgewiesen werden, der nicht älter als 48 Stunden ist. Vor den Autobahn-Grenzübergängen bildeten sich kilometerlange Staus. 

Angst vor Mutationen: In Europa gehen die Grenzbalken hinunter

An der Grenze zu Tirol blieb es dagegen zunächst ruhig. "Wir haben momentan keine Probleme auf der A12 und der A13", sagte Günther Salzmann von der Verkehrsabteilung der Tiroler Polizei Tirol gegenüber der APA. Überlastungen drohten allerdings am Grenzübergang zwischen und Italien und Tirol auf der A13 Brennerautobahn.

Tirol hatte angekündigt, bereits dort zu kontrollieren, ob Durchreisende nach Deutschland die notwendigen Voraussetzungen für die Reise erfüllen. Deutschland verlangt nämlich etwa von Lkw-Lenkern im Güterverkehr einen negativen Corona-Test und eine Online-Anmeldung.

Fleckerlteppich an Regeln

Nicht nur Deutschland, Österreich oder Italien haben ihre Einreisebestimmungen zuletzt verschärft, sondern auch zahlreiche andere europäische Staaten. Die Regeln gelten (stets mit Ausnahmen) entweder für alle ausländischen Staatsbürger, für Nicht-EU-Bürger oder für Einwohner jener Länder, die der betreffende Staat in Bezug auf Corona als gefährlich einstuft. 

Die Folge ist ein Fleckerlteppich an Bestimmungen zur Einreise, die sich mitunter täglich ändern - Reisende sollten sich beim Außenministerium über den aktuellen Stand informieren.

In Österreich benötigt man z. B. für die Einreise aus nahezu allen Staaten der Welt einen PCR- oder Antigen-Test, der nicht älter als 72 Stunden ist. Hat man diesen nicht, muss er binnen 24 Stunden nachgeholt werden. Dazu kommt eine zehntägige Quarantäne, die durch einen neuerlichen Test auf fünf Tage verkürzt werden kann. 

Portugal und Spanien haben ihre Grenzen für Bewohner des jeweils anderen Landes geschlossen, in Belgien sind alle nicht notwendige Auslandsreisen verboten. Touristische Reisen sind u. a. auch in Finnland, Norwegen, Dänemark und Tschechien nicht erlaubt, für eine Einreise braucht man spezielle Gründe.

 

Kommentare