Amtsenthebung: Jetzt wird es ernst für Donald Trump

Das Impeachment-Verfahren ist auf Schiene. Den US-Präsidenten könnte die Ukraine-Affäre den Job kosten.

Das zweimonatige Vorgeplänkel aus Anhörungen hinter verschlossenen Türen und vor Live-Kameras in der Ukraine-Affäre ist vorbei. Es wird ernst im Amtsenthebungsverfahren gegen US-Präsident Donald Trump.

Die demokratische Vorsitzende des Repräsentantenhauses in Washington, Nancy Pelosi, hat am Donnerstag in einer sechsminütigen Rede einen historischen Schritt vollzogen: Zum dritten Mal in der US-Geschichte leitet die erste Kammer des Parlaments gemäß der Verfassung offiziell ein "Impeachment" gegen den Amtsinhaber im Weißen Haus ein.

Amtsenthebung: Jetzt wird es ernst für Donald Trump

Nancy Pelosi, die Nummer drei in der US-Hierarchie, kündigte das Impeachment an

Die 79-Jährige, Nr. drei in der Verfassungshierarchie Amerikas, sagte, es sei klar erwiesen, dass Trump im Umgang mit der Ukraine Amtsmissbrauch begangen, die nationale Sicherheit untergraben und die Unversehrtheit der US-Wahlen gefährdet habe. Die Verstöße seien so schwerwiegend, dass es ein "Risiko für unsere Republik darstellt, wenn man Trump im Amt belassen würde. Der Präsident lässt uns keine andere Wahl, als zu handeln."

Amtsenthebung: Jetzt wird es ernst für Donald Trump

Trump wollte von der Ukraine belastendes Material gegen seinen möglichen Herausforderer Joe Biden

Im Zentrum steht nach wie vor, dass Trump Kiew um Amtshilfe bat, um seine Wiederwahl-Chancen im kommenden November zu erhöhen. Dazu sollte der ukrainische Präsident Wolodymyr Selenskij öffentlich staatsanwaltliche Untersuchungen gegen Trumps möglichen demokratischen Herausforderer, Alt-Vizepräsident Joe Biden, 77, und dessen Sohn Hunter, 49, ankündigen. Letzterer saß im Aufsichtsgremium des ukrainischen Gas-Konzerns Burisma, während sein Vater unter Barack Obama für die Ukraine-Politik verantwortlich war.

"Landesverrat"

Trump drohte Kiew mit der Nichtauszahlung von 400 Millionen Dollar US-Militärhilfe, falls Schritte gegen die Bidens ausbleiben sollten. In öffentlichen Anhörungen hatten US-Top-Diplomaten und Staatsdiener unter Eid etliche Belege für den Vorwurf beigebracht. Drei renommierte Jus-Professoren erklärten am Mittwoch, dass Trumps Verhalten eindeutig die Kriterien von "Landesverrat, Bestechung oder anderer schwerer Verbrechen und Vergehen" erfülle, die in der Verfassung als Voraussetzung für eine Amtsenthebung festgehalten sind. Ein von den Republikanern bestellter Rechtsgelehrter hielt die Beweislage dagegen für "hauchdünn".

Der US-Präsident soll den neuen ukrainischen Präsidenten Wolodymyr Selenskyj in einem Telefonat dazu gedrängt haben, gegen seinen demokratischen Rivalen Joe Biden und dessen Sohn Hunter Ermittlungen wegen Korruption einzuleiten. Bei Nichterfüllung soll Trump damit gedroht haben, US-Militärhilfe zurückzuhalten. Beteiligt an dieser Aktion waren dem Anschein nach vor allemTrumps Anwalt Rudolf Giuliani sowie der US-Botschafter bei der EU, Gordon Sondland.

Hintergrund: Joe Bidens Sohn Hunter war zwischen 2014 und 2019 für die ukrainische Burisma-Holding tätig, gegen deren Eigentümer die ukrainische Staatsanwaltschaft formell Ermittlungen laufen hatte. Joe Biden hatte den Rücktritt des Generalstaatsanwaltes Wiktor Shokin gefordert. 2016 wurde dieser Entlassen.

Joe Biden hat Trump zufolge also in privater Sache politisch interveniert. Viel eher aber dürfte Shokin Schutzherr darüber gewesen sein, dass in den Ermittlugnen gegen die Burisma-Holding nichts weiterging.

Erst zwei Verfahren gegen US-Präsidenten

Pelosi, Chefin der demokratischen Mehrheitsfraktion, beauftragte den Vorsitzenden des Justiz-Ausschusses, Jerry Nadler, Anklagepunkte gegen Trump zu formulieren. Damit ist der Weg vorgezeichnet, dass Trump nach Andrew Johnson 1868 und Bill Clinton 1998 als dritter Präsident das stärkste Misstrauensvotum erhält, das die US-Verfassung kennt. Im Repräsentantenhaus, das darüber voraussichtlich um den 20. Dezember herum abstimmen wird, haben die Demokraten mit 235 von 435 Abgeordneten eine klare Mehrheit.

Der Senat fällt das Urteil

Was nicht automatisch die vorzeitige Abberufung Trumps bedeutet, der zurzeit auf komplette Rückendeckung der Republikaner zählen kann. Im Jänner wird das Verfahren an den Senat übergehen. Dieser wirkt – unter Vorsitz von John Roberts, Chef des Obersten Gerichtshofes, wie eine Geschworenen-Jury. Erst wenn dort die Anklage mit Zweidrittel-Mehrheit angenommen würde, wäre Trump weg.

Republikaner hinter Trump

Im Senat haben die Republikaner mit 53:47 Stimmen die Mehrheit. Um Trump zu entlassen, sind 67 Stimmen nötig. Dass 20 Konservative mit den Demokraten stimmen, ist derzeit unwahrscheinlich. Trump wäre also mit dem Makel des "Impeachment" behaftet – aber weiterhin im Amt. Auch deswegen erklärte der Präsident am Donnerstag in selbstbewusster Tonlage, er wünsche sich ein "schnelles Impeachment", damit es im Senat zu einem "fairen Prozess" kommen und sich das Land wieder den wichtigen Dingen zuwenden könne.

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