Reyes ist nicht allein. Unter den 3,7 Millionen Lehrern an 130.000 Schulen landesweit, die über 54 Millionen Schüler betreuen, sind nicht wenige, die sich angesichts von bisher rund 190 Fällen von schwerer Waffengewalt in Schulen in diesem Jahr als Aushilfs-Polizisten betätigen würden, um ihre Schutzbefohlenen in Sicherheit zu bringen.
➤ Mehr lesen: Mutter des Attentäters von Texas: "Vergeben Sie meinem Sohn"
Indiz dafür sind nach Medienberichten die wachsenden Teilnehmer-Zahlen an entsprechenden Crash-Kursen, die kommerzielle Anbieter wie auch die Waffen-Lobby „National Rifle Association” (NRA) anbieten. In Lehrgängen zwischen 20 und 170 Stunden lernen Lehrer dort auf freiwilliger Basis den Umgang mit einem Schießeisen. 33 von 50 Bundesstaaten haben entsprechende Gesetze, die das erlauben.
Trump war dafür
Sie folgen im Grundsatz dem, was der frühere US-Präsident Donald Trump nach der Schul-Tragödie von Parkland/Florida 2018 (17 tote Schüler, erschossen von einem 19-jährigen Ex-Schüler) vor laufender Kamera sagte: „Wenn es einen Lehrer gegeben hätte, der sich mit Feuerwaffen ausgekannt hätte – dies hätte sehr wohl dazu führen können, den Angriff sehr schnell zu beenden.“
An dieser These scheiden sich gleichwohl die Geister. Da sind zunächst die mächtigen Lehrer-Gewerkschaften. Ihnen behagt die Militarisierung der Klassenzimmer nicht. Schlecht bezahlte und bereits mit dem Unterricht ausgelastete Ausbilder zusätzlich mit Polizeiaufgaben zu überfrachten, sagt die 1,7 Millionen Lehrer vertretende Funktionärin Randy Weingarten, sei „nicht mehr als ein schlechter Scherz“. Weingarten kann auf jüngste Umfragen der „Rand Corporation” verweisen. Danach sind nur 20 Prozent der amerikanischen Lehrerinnen und Lehrer der Meinung, Schulen würden sicherer, wenn Pädagogen bewaffnet sind. 54 Prozent glauben an das Gegenteil.
Was dagegen spricht
Ken Trump, der Präsident der „National School Safety and Security Services”, sieht das ähnlich: „Die große Mehrheit der Lehrer will mit Lehrbüchern und Laptops bewaffnet sein, nicht mit Waffen.” Andere Experten wie David W. Johnson von der Universität in Minnesota betonen: „Was Schulen sicherer machen würde, ist ein Verbot aller Sturmgewehre durch den Kongress und die flächendeckende Einführung einer Lizenz für Waffenbesitzer.”
Eins der wirkungsmächtigsten Argumente gegen Lehrer mit Knarre kommt von Greg Crane. Der ehemalige Polizist aus Texas gründete nach dem Amoklauf an der Columbine High School in Colorado 1999 das „Alice Training Institute”. Seine Firma berät landesweit Schulen, wie sie Lehrer und Schüler trainieren können, um einen Amokläufer etwa durch Schreie und Gegenständewerfen abzulenken - aber dabei auf Schusswaffen zu verzichten.
➤ Mehr lesen: US-Amokläufe - „Warum sterben unsere Kinder noch immer?“
Als Begründung verweist Crane auf Statistiken, wonach selbst in 700 Stunden langen Pflichtkursen ausgebildete US-Polizisten in tödlichen Schusswechseln im Schnitt nur auf eine Trefferquote von 30 Prozent kämen. Wenn nun von Lehrern, bei denen in Extremsituationen Angst und Unerfahrenheit unterstellt werden müssten, Zielgenauigkeit erwartet würde, sei dies geradezu unverantwortlich.
„Die Bewaffnung von Lehrern wird das Schusswaffen-Problem an den Schulen nicht lösen”, sagt Professorin Sonali Raja von der Columbia Universität, „alle Untersuchungen weisen eindeutig darauf hin, dass Waffen im Klassenraum zu erhöhter Gewaltanwendung führen und schädliche Effekte für die Schüler haben.”
Kommentare