Allianz der europäischen Rechten im Aufwind

Allianz der europäischen  Rechten im Aufwind
Rechtspopulisten kommen Regierungsbeteiligung immer näher – oder regieren bereits.

Das estnische Parlament gab am Mittwoch der rechten EKRE-Partei (Estlands Konservativen Volkspartei) grünes Licht, in die neue Regierung einzutreten. Nachdem die Wahlsiegerin, die liberale Reformpartei, mit ihrer Regierungsbildung gescheitert war, versucht es der linksliberale amtierende Regierungschef Jüri Ratas mit den Rechtspopulisten.

Damit reiht sich Estland in den immer größer werdenden Reigen europäischer Länder ein, deren Bürger den Rechtspopulismus immer mehr als regierungsfähig erachten.

Allen voran – auch bei der kommenden EU-Wahl – geht Matteo Salvini, Innenminister und Vizekanzler Italiens. Seine rechte Lega-Partei liegt in Umfragen konstant um die 32 Prozent, zehn Punkte mehr als der Koalitionspartner, die Fünf-Sterne-Bewegung. Mit dabei in Salvinis EU-Wahlbündnis „Europäische Allianz der Völker und Nationen“ (AEPN) ist unter anderem die FPÖ, seit bald eineinhalb Jahren in der Regierung. AEPN werden in Umfragen 84 Sitze im EU-Parlament prognostiziert.

Zwar nicht in Brüssel, aber in der norwegischen Regierung sitzt die rechtspopulistische Fortschrittspartei – das seit 2013. Norwegen – bekanntlich nicht in der EU – hatte damit mit dem Tabu gebrochen, eine rechtspopulistische Partei mitregieren zu lassen.

Unter Beobachtung

Beinahe hätte dasselbe in Schweden geschehen können: Nach vier Monaten mühsamer Gespräche konnte der Sozialdemokrat Stefan Löfven eine wackelige Minderheitsregierung formen, die nicht der Unterstützung der rechten Schwedendemokraten bedarf. Jedoch ist er auf die Unterstützung zweier konservativer Parteien angewiesen. Ob diese Zusammenarbeit zwischen den traditionell streng getrennten Blöcken („links“ und „rechts“) funktioniert, ist fraglich. Die Schwedendemokraten, die bei der Wahl im September 17 Prozent erlangten, sind in Umfragen im Aufwind: Derzeit liegen sie bei 19 Prozentpunkten.

Die dänische Regierung hält derzeit 53 der 179 Sitze, ist also von einer Mehrheit meilenweit entfernt. Das Bündnis zwischen Konservativen und Liberalen erhält jedoch Unterstützung von der rechten dänischen Volkspartei, angeführt von Kristian Thulesen Dahl. Kurios: Bei der letzten Wahl 2015 errang sie mit 21 Prozent den zweiten Platz. Erster wurden jedoch die Sozialdemokraten mit mehr als 26 Prozent. Der Einfluss der dänischen Volkspartei zeigt sich vor allem in der restriktiven Migrationspolitik des Landes – seit Anfang 2016 gibt es dort permanente Grenzkontrollen.

Bei den finnischen Wahlen lieferten sich Sozialdemokraten und Rechtspopulisten am Sonntag ein knappes Rennen um Platz eins – nur 0,2 Prozent lagen sie auseinander, die Sozialdemokraten siegten. Eine Regierungsbildung dürfte sich dennoch schwierig gestalten, da es auch in Finnland eine strikte Trennung der Blöcke gibt. Die „Wahren Finnen“ würden nur mitmachen, wenn es eine „klare Reduzierung der humanitären Migration“ gebe, kündigte der rechte Parteichef Jussi Halla-aho an. Seine Partei ist – wie die Dänen und Esten – in der AEPN vertreten. Deren Mitglieder, denen auch die deutsche AfD sowie der französische Rassemblement National angehört, dürften bei den EU-Wahlen von der derzeitigen Stimmung profitieren: laut einer Studie der Denkfabrik ECFR wollen 14 Prozent der Europäer „die Entscheidungsmacht der EU begrenzen“, in Österreich sind es fast ein Drittel.

Auch in Dänemark, Italien und Ungarn ist die EU-Skepsis stark (20 bis 21 Prozent), in Frankreich haben fast sieben von zehn Befragten kein Vertrauen mehr in die Politik – sowohl im Inland als auch in der EU.

AEPN könnte zulegen

Diese Stimmung spielt auch den nationalistischen Regierungen in Polen und Ungarn in die Hände, der ungarische Premier Viktor Orbán kokettiert mit der AEPN, auch wenn vermutet wird, dass er damit Druck auf die Europäische Volkspartei aufbauen will. Diese hatte Orbáns Mitgliedschaft ausgesetzt. Anfang Mai treffen sich Orbán und Salvini, würde der ungarische Premier die Seiten wechseln, könnte AEPN dann auf 95 Sitze im Europäischen Parlament kommen.

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