"Ich persönlich denke, es ist eine schlechte Idee auf Kohle zu setzen, solange die AKWs noch laufen", so Thunberg im Gespräch. "Wenn sie schon laufen, glaube ich, dass es ein Fehler wäre, sie abzuschalten und sich der Kohle zuzuwenden."
Die deutsche Presse stürzte sich auf die Aussage: "Greta Thunberg bezeichnet mögliches Abschalten von AKW in Deutschland als Fehler", "Hoffnung in die Grünen? 'Nicht wirklich', sagt Greta Thunberg", titelte die Welt; "Greta Thunberg sticht ins Wespennest", so die Süddeutsche.
Der schwedische Weg
Die Position mag gerade für viele "Fridays for Future"-Unterstützer und "Anti-Atomkraft"-Grüne in Deutschland und Österreich unverständlich klingen; zuletzt hat Österreich sogar eine Klage beim Gericht der Europäischen Union (EuG) gegen das grüne Label, das die EU-Kommission Kernkraft verpasst hat, eingereicht.
Dabei ist Thunbergs Position nicht neu: Seit Jahren beruft sie sich auf den Weltklimarat IPCC, der in einem Bericht von 2014 Atomkraft als kleinen Teil "einer sehr großen neuen kohlenstofffreien Energie-Lösung" sieht. Thunberg teilte diese Einschätzung auch auf Facebook mit, und erhielt darauf - genauso wie heute - gemischte Reaktionen.
Ihre Position dürfte auch von der schwedischen Politik beeinflusst sein: Schweden nimmt europaweit einen der vorderen Plätze im Hinblick auf die Stromerzeugung mit erneuerbaren Energien ein und will die erste Industrienation werden, die auf fossile Brennstoffe verzichtet. Die Regierungsparteien haben sich vor einigen Jahren darauf geeinigt, die sechs letzten Atomkraftwerke "als Übergangstechnologie" am Netz zu halten, bis das nicht mehr nötig sei. Derzeit stammen 62 Prozent der schwedischen Nettostromerzeugung aus erneuerbaren Energiequellen, 32 Prozent werden durch Kernkraft gewonnen.
Dass das Gespräch mit Thunberg so starken Einfluss auf die deutsche Politik nimmt, dürfte übrigens nicht geplant gewesen sein: Das Interview wurde vor fast zwei Wochen in Stockholm aufgezeichnet. Damals ging man noch davon aus, dass die FDP dem Druck der Grünen in Sachen Laufzeit-Verlängerung schon längst zugestimmt hätte. Nach der Wahlniederlage in Niedersachsen war dieser Kompromiss aber vom Tisch.
Das ganze Interview kann man übrigens hier nachschauen - und sich ein eigenes Bild davon machen.
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