Doch höhere oder niedrigere Rückkehrraten – so oder so hat die Ukraine ein massives demografisches Problem: Allein seit der Unabhängigkeit von der Sowjetunion verlor das Land von ursprünglich knapp 52 Millionen Menschen bis zu Beginn des russischen Angriffskrieges vor zwei Jahren mehr als ein Fünftel seiner Einwohner.
Dann kam der Krieg – und seither ging der Ukraine erneut fast ein Fünftel ihrer Bevölkerung verloren.
Und sollte die Ukraine in den kommenden Jahren der EU beitreten, steht die nächste Auswanderungswelle bevor, erwartet die Bruegel-Studie. Denn schon die Erfahrungen nach den EU-Beitritten Rumäniens, Bulgariens sowie der drei baltischen Staaten zeigten: Öffnet sich der Arbeitsmarkt für Zuwanderer aus den Neo-EU-Mitgliedsstaaten, wandern viele Bürger aus und kehren nicht mehr zurück.
Zuwanderung in die EU
Die Bruegel-Studie geht davon aus, dass im Falle eines EU-Beitrittes der Ukraine ab dem Jahr 2029 weitere drei bis sechs Millionen Ukrainerinnen und Ukrainer in Richtung Westen auswandern könnten. Diese würden dennoch, heißt es in der Studie, „nur einen kleinen Teil der erwarteten Zuwanderung in die EU ausmachen und den chronischen Arbeitskräftemangel kaum lindern“.
Ein naher Beitritt der Ukraine zur EU ist freilich graue Theorie: Er dürfte sich über viele Jahre hinziehen – weshalb die Bruegel-Studie auch nur eine hypothetische Rechnung aufstellen konnte. Durchgerechnet wurde, wie viel Geld die EU aus dem laufenden Sieben-Jahresbudget (endet 2027) aufwenden müsste, wenn die Ukraine beitreten würde: 136 Milliarden Euro wären nötig. Allein 85 Milliarden davon würden in den landwirtschaftlichen Bereich fließen. Die Ukraine wäre damit der mit Abstand größte Empfänger der EU-Agrarhilfen.
Doch ohne Reformen und eine grundsätzliche Änderung der Fördermethoden innerhalb der EU wäre eine Aufnahme der Ukraine ohnehin kaum denkbar, heißt es in der Studie.
Was nicht berechnet wurde: Die geschätzten Wiederaufbaukosten von knapp 500 Milliarden Euro. Zumindest einen Teil davon wird die EU auch stemmen müssen.
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