70 Jahre NATO: Jubiläum von Streitigkeiten überschattet

70 Jahre NATO: Jubiläum von Streitigkeiten überschattet
Das Treffen der NATO-Außenminister war von Streit getrübt: Zwischen den USA und Deutschland sowie zwischen den USA und der Türkei kriselt es.

Getrübt vom Streit über das deutsche Verteidigungsbudget und türkische Rüstungsgeschäfte mit Russland hat sich die NATO zum 70. Jubiläum um Einigkeit bemüht. Beim Treffen der NATO-Außenminister am Donnerstag in Washington standen der Umgang mit Russland sowie der Kampf gegen den internationalen Terrorismus auf der Tagesordnung - jedoch auch die Lastenverteilung.

Berliner Verteidigungsbudget sorgt weiter für Kritik

In diesem Punkt musste sich der deutsche Außenminister Heiko Maas (SPD) auf unangenehme Fragen gefasst machen. In den vergangenen Tagen hatte sich die Kritik am deutschen Verteidigungsbudget noch einmal verstärkt - US-Präsident Donald Trump, sein Vize Mike Pence und auch NATO-Generalsekretär Jens Stoltenberg forderten Berlin auf, mehr Geld auszugeben. Maas bekräftigte ein ums andere Mal, dass der Verteidigungshaushalt bis 2024 auf 1,5 Prozent des Bruttoinlandsprodukts erhöht werde. Die NATO-Mitglieder haben sich allerdings verständigt, dass die Quote zu diesem Zeitpunkt bei zwei Prozent liegen solle.

Vor Beginn des Außenministertreffens sagte US-Ressortchef Mike Pompeo, es sei jetzt "nicht der richtige Moment, um die immer gleichen Entschuldigungen zu wiederholen, wonach unsere Bürger höhere Verteidigungsausgaben nicht unterstützen". Jedes NATO-Mitglied sei "verpflichtet", den eigenen Bürgern die Sache zu erklären.

Stoltenberg mahnte und lobte Deutschland gleichermaßen. Das Land sei in der NATO sehr engagiert, etwa als eine "führende Nation" beim Afghanistan-Einsatz. Berlin habe auch finanziell schon "Fortschritte" gemacht und die Verteidigungsausgaben hochgefahren. "Aber natürlich erwarte ich mehr von den Bündnismitgliedern", sagte Stoltenberg. Maas betonte, Deutschland sei "entschlossen, unsere Verpflichtungen zu erfüllen". Die Budgetdebatte sei "nachvollziehbar".

70 Jahre NATO: Jubiläum von Streitigkeiten überschattet

US-Außenminister Mike Pompeo (links) und NATO-Generalsekretär Jens Stoltenberg

Russland wegen "aggressivem Vorgehen" kritisiert

Im Zentrum der Beratungen am Donnerstag stand zunächst Russland. Stoltenberg verurteilte das "aggressive Vorgehen" Russlands im Schwarzen Meer, wo es zu Konfrontationen mit ukrainischen Marineschiffen gekommen war, und die Verletzung des INF-Abrüstungsvertrags mit den USA. Maas betonte mit Blick auf die Lage im Schwarzen Meer, die Sache werde "mit dem nötigen Druck" verfolgt, gleichwohl sei es auch wichtig, mit Russland im Dialog zu bleiben.

US-Präsident Donald Trump hat wiederholt eine unfaire Lastenteilung in dem Militärbündnis kritisiert und vor allem Deutschland wegen des vergleichsweise niedrigen Anteils seiner Verteidigungsausgaben am Staatsetat attackiert.

Verteidigungsministerin wies Kritik zurück

Deutschlands Verteidigungsministerin Ursula von der Leyen hat die Zweifel von NATO-Verbündeten an der Bereitschaft ihres Landes zu deutlich höheren Verteidigungsausgaben jeodch zurückgewiesen.

In einer Parlamentsdebatte zum 70-jährigen Bestehen des Bündnisses bekräftigte die christdemokratische Politikerin am Donnerstag im Bundestag die Zusage, die Ausgaben bis zum Jahr 2024 auf 1,5 Prozent des Bruttoinlandsprodukts zu erhöhen und danach das Ziel von 2 Prozent zu verfolgen. Es schmerze, dass Verbündete Zweifel am Beistandsversprechen Deutschlands äußerten.

"Islamischer Staat" bleibt Herausforderung

Ein weiteres großes Thema der Außenministerberatungen war der internationale Terrorismus. Auch wenn die Jihadistenmiliz "Islamischer Staat" (IS) über "kein eigenständiges Gebiet" mehr verfüge, blieben noch zahlreiche Herausforderungen, sagte Maas.

Pompeo mahnte, die NATO müsse sich für viele "heraufziehende Bedrohungen" bereit machen. Dazu zählte er neben "russischer Aggression" unter anderem auch Cyberangriffe, Bedrohungen der Energiesicherheit sowie das Vorgehen Chinas.

 

70 Jahre NATO: Jubiläum von Streitigkeiten überschattet

Das Treffen der NATO-Außenminister zum 70. Jubiläum

Streit zwischen USA und Türkei war kein Thema

Nicht auf der offiziellen Tagesordnung stand am Donnerstag der Streit zwischen den USA und der Türkei über die Pläne Ankaras, das russische S-400-Luftabwehrsystem zu kaufen. Die USA drohen damit, die Türkei von der Teilnahme am Bau des F-35-Kampfjets auszuschließen, wenn das Geschäft mit Moskau nicht abgesagt wird. Die Türkei lehnt dies ab.

Stoltenberg sagte, er gehe davon aus, dass der Konflikt am Rande der Außenministertagung eine Rolle spielen werde. Die NATO biete den Mitgliedern ein Forum, solche Meinungsverschiedenheiten zu besprechen.

Politikwissenschaftler: NATO in der Krise

Der Politikwissenschaftler Markus Kaim von der Stiftung Wissenschaft und Politik sieht die NATO zu ihrem 70-jährigen Bestehen in der Krise. "Es sind doch erhebliche Zweifel gekommen, ob die USA zu ihrer Bündnisverpflichtung stehen würden. Und selbst wenn sie es tun, die Zweifel, die aufgekommen sind, haben wie Säure gewirkt", sagte der NATO-Experte am Donnerstag im deutschen Sender SWR.

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