15 Jahre Bürgerkrieg: Wie der Libanon ins Chaos stürzte

15 Jahre Bürgerkrieg: Wie der Libanon ins Chaos stürzte
Der libanesische Bürgerkrieg hat die „Schweiz des Nahen Ostens“ zu einem romantischen Begriff aus alter Zeit verkommen lassen.

1975. Es brodelt in der „Schweiz des Nahen Ostens“. Während unter dem christlichen Präsidenten Suleiman Franjieh Korruption und Vetternwirtschaft herrschen, wird die palästinensische PLO immer stärker, unternimmt vom Libanon aus Überfälle auf israelisches Staatsgebiet. Vor allem den Phalangisten, einer rivalisierenden, christlichen Gruppe, ist das ein Dorn im Auge. Als Palästinenser die Leibwächter eines hohen christlichen Politikers angreifen, attackieren Phalangisten am 13. April 1975 einen Bus mit palästinensischen Flüchtlingen, töten alle 27 Insassen. Und zünden damit ein Pulverfass.

Im Laufe der nächsten 15 Jahre brach die Gesellschaft des religiös – und damit auch politisch – zersplitterten Staates auseinander. Doch kämpften nicht notwendigerweise Christen gegen Muslime oder Schiiten gegen Sunniten. In allen Religionsgemeinschaften gab es Milizen, die aneinandergerieten. Etwa die von Syrien unterstützte schiitische Amal und die Hisbollah, die vom Iran gegründet wurde. Oder die Phalangisten aufseiten des mächtigen Gemayel-Clans gegen den christlichen Premier (und jetzigen Präsidenten) Michel Aoun.

Mahlstrom der Gewalt

In diesen Mahlstrom der Gewalt – zumeist Vergeltungsschläge für Attentate – griffen internationale Akteure ein, rüsteten ihre favorisierten Gruppen aus. Etwa Syrien, das 1976 in den Norden des Landes einmarschierte und gegen die PLO vorging. Die Macht der Palästinenser drohte das Staatsgefüge zuungunsten der Christen zu zerstören, was der Politik des damaligen syrischen Präsidenten Hafiz al Assad zuwider war – der Libanon sollte aus syrischer Sicht in einem Gleichgewicht bleiben.

1978 überquerten israelische Streitkräfte die libanesische Südgrenze, vier Jahre später marschierten die Armee bis nach Beirut vor und vertrieb die PLO aus dem Libanon. Zu dieser Zeit tauchte eine weitere Kraft auf der politischen Landkarte auf. Die vom Iran gegründete und unterstützte Hisbollah. Rasch erwarben sich die schiitischen Krieger im Süden des Libanon einen furchteinflößenden Ruf, verübten verheerende Anschläge auf die Israelis.

Auch in Beirut kehrte nach der Vertreibung der PLO kein Frieden ein. Im August 1982 fiel der Phalangistenführer Bashir Gemayel einem Anschlag zum Opfer. Zwei Tage später verübten seine Anhänger in palästinensischen Flüchtlingslagern grausame Vergeltung, ermordeten Hunderte bis Tausende Menschen. Die israelischen Truppen, in deren Gebiet dies geschah, unternahmen nichts gegen das Massaker, gestatteten den Phalangisten den Zutritt.

Brutales Attentat

In die drauf folgenden Kämpfe konnte auch eine multinationale Eingreiftruppe, vor allem aus französischen, britischen und US-amerikanischen Soldaten bestehend, nicht vermittelnd eingreifen. Nach eineinhalb Jahren mussten sie unverrichteter Dinge wieder abziehen, ein Bombenattentat auf Unterkünfte der Soldaten forderte insgesamt 307 Menschenleben.

In den folgenden Jahren setzte eine massive Wirtschaftskrise ein, Wohlstand versprach nur noch der Beitritt zu einer der zahllosen Milizen, die sich unter anderem durch Waffenhandel bereicherten.

Nachdem sich das zersplitterte Parlament 1988 nicht einmal mehr auf eine Regierung einigen konnte, erhob General Michel Aoun den Anspruch auf die Macht und erklärte einen Befreiungskrieg gegen die syrischen Besatzer. Der Plan schlug fehl: Im Oktober 1990 wurde Aoun von den Syrern vernichtend geschlagen.

Damit war der Weg für das Abkommen von Ta’if frei – ein Deal, der federführend von Saudi-Arabien gezimmert worden war und den politischen Proporz zwischen Christen, Muslimen und anderen Glaubensgruppen gleichmäßig verteilen sollte. Dieser Proporz sollte dem Land eine gewisse Stabilität geben. Heute steht die wieder auf dem Spiel.

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