Das musste auch Eduard Müller, Vorstand der Finanzmarktaufsicht (FMA) zugeben. „Vieles ist noch unklar definiert und es ist daher notwendig, daran zu arbeiten“, sagte er anlässlich der vom Verband der Österreichischen Investmentfondsgesellschaften (VÖIG) veranstalteten Fondstage in Linz. Zugleich ergänzte er: „Wir sind keine Experten und können das nicht überprüfen. Wir fangen jetzt erst an, die Checklisten dafür zu erarbeiten.“ Diese Aussagen sorgten unter den teilnehmenden Vertretern der heimischen Fondsindustrie für gewisses Erstaunen und manch Empörung. Und es stellte sich die Frage, wer künftig bei diesbezüglichen Rechtsstreitigkeiten mit Kunden die Haftung tragen werde.
Verstimmung brachten auch Müllers weitere Aussagen. „Greenwashing (Grünfärben, Anm.) darf man nicht unterschätzen.“ Und das Ziel der Nachhaltigkeit sei nicht zwingend eine nachhaltige Rendite. „Das wird beim Marketing nicht immer so klar kommuniziert.“
Eine Möglichkeit, Greenwashing zu vermeiden, seien etablierte Umweltzeichen, wie Thomas Kraus, Mitglied der Geschäftsführung der Erste Asset Management, feststellt. „Aber in jedem Land sind sie anders.“ Und dabei werde zu wenig der Fondsindustrie vertraut, es selbst zu machen. „Jedes Land verteidigt sein eigenes Label“, kritisierte Klemens Fischer, Gesandter der ständigen Vertretung Österreichs bei der EU. Ein mögliches europäisches Label werde nur ein Mindeststandard werden.
Andreas Ittner, früherer Vizegouverneur der Nationalbank und jetzt Senior Adviser bei Amundi Austria, fürchtet gar, „Amerika wird uns überholen, wenn es keine einheitliche Regelung in Europa gibt.“ VÖIG-Präsident und Erste-Asset-Chef Heinz Bednar wies in dem Zusammenhang drauf hin, dass das französische und tschechische Umweltsiegel Atomkraft beinhalten würden.
Der Kapitalmarkt sei jedenfalls ein sehr großer Hebel für die Umsetzung von Nachhaltigkeit, so Dieter Aigner, Vorstandschef der Raiffeisen KAG. „Zu Beginn 2012 war es nur ein Randthema. Inzwischen beschäftigen sich alle Mitarbeiter damit.“ Jochen Thiel, Österreichchef der Analyseagentur Morningstar, wies darauf hin, dass Nachhaltigkeit im Vergleich zum Gesamt-Fondsmarkt noch ein kleines Pflänzchen sei. „Wir sind erst am Anfang eines Trends.“
Die Zahlen geben ihm recht, auch wenn das Wachstum laut FMA-Vorstand Müller exponentiell ist. „Ein Drittel des gesamten österreichischen Fondsvermögens wird in Nachhaltigkeitsfonds verwaltet (111 Fonds mit 26,7 Mrd. Euro, Anm.). In den ersten vier Monaten des Jahres kam es zu einem leichten Rückgang (siehe Grafik), was aber den schlechten Kursen geschuldet war.
„Das Thema scheint in Europa angekommen zu sein“, sagte Bednar. Am Gesamtmarkt betrugen die Nettomittelzuflüsse 1,7 Mrd. Euro (sowohl seitens institutioneller als auch privater Anleger). In den vergangenen 12 Monaten schnitten Fonds mit Derivaten (Optionen, Zertifikate, Futures) am besten ab. Langfristig (seit 2012) waren US-Aktienfonds die Highflyer.
„Auf den Sparbüchern werden wegen der hohen Inflation Milliarden vernichtet“, sagte Franz Schellhorn, Chef des wirtschaftsliberalen Thinktanks Agenda Austria. „30 Jahre wurde erfolgreich ganze Arbeit geleistet, indem gesagt wurde, es sei besser, ins Casino zu gehen als in Aktien zu investieren.“
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