Gefängnisse: "Muss achten, dass die Situation nicht überkocht“

Gefängnisse: "Muss achten, dass die Situation nicht überkocht“
Hinter Gittern in Corona-Zeiten: Einige Insassen sehen es gelassen, andere kämpfen mit Entzugserscheinungen und Angst.

9.366 Menschen befanden sich mit Stichtag 1. März hinter Gittern. Von der Außenwelt abgeschottet zu sein, ist für sie nicht neu. Doch die Angst vor Corona ist auch in den Justizanstalten da.

Zwei Justizwachebeamte (in Garsten und Graz-Karlau) sowie ein Häftling in Innsbruck wurden bereits positiv getestet. Die aktuelle Situation ist eine Belastungsprobe. Für alle.

„Du kannst die Insassen ja nicht 24 Stunden am Tag einsperren“, sagt Personalvertreter Norbert Dürnberger. Freigänge gibt es nicht mehr, die meisten Betriebe in den Anstalten wurden gesperrt. Und auch die Hofgänge im Freien wurden auf ein Minimum reduziert. „Wobei sich zeigt, dass einige Insassen jetzt auch gar nicht mehr spazieren gehen wollen. Sie verzichten aktuell lieber darauf“, sagt Dürnberger. Auch Besuche wurden gestrichen, ebenso die Gottesdienste.

Spiele und Puzzles

In der Justizanstalt Klagenfurt wurden zur Beschäftigung Brett-, Kartenspiele und Puzzles angeschafft. Ein akutes Problem beobachtet man mit süchtigen Insassen – der Drogenhandel hinter Gittern ist zum Erliegen gekommen, einige kämpfen mit Entzugserscheinungen.

Legale Handys

Die einzige Möglichkeit, um mit der Außenwelt Kontakt zu halten, sind Festnetztelefone. In der aktuellen Situation wurden die Telefon-Zeiten ausgedehnt. Doch es gibt zu wenig Apparate. Nun sollen (nicht Internet-fähige) Handys angeschafft werden.

„Es gibt schon einige, denen es psychisch nicht sehr gut geht. Man muss darauf achten, dass die Situation nicht überkocht“, sagt die evangelische Pfarrerin und Gefängnisseelsorgerin Daniela Schwimbersky. In der Justizanstalt Wien-Simmering war sie seit Wochen nicht mehr, in die Justizanstalt Wien-Josefstadt kann sie nur noch in Ausnahmefällen. Und auch dann nur nach Fiebermessung und Desinfektion. „Die Insassen reagieren unterschiedlich. Einige haben eine gewisse Panik. Andere sehen das ganz locker und sagen: ,Jetzt geht es euch da draußen so wie uns.’“

Um den Kontakt zu den Angehörigen halten zu können, würden Briefmarken verteilt werden, schildert sie. Weil persönliche Seelsorge in manchen Anstalten nicht mehr möglich ist, weiche man auf Alternativen aus. Mit zwei Anstalten steht die Pfarrerin per Mail in Kontakt.

Auch Markus Vormayr, katholischer Gefängnisseelsorger für Asten und Linz soll demnächst per Telefon seine Dienste anbieten können. Was er beobachtet: „Die Insassen sind ihrer Freiheit schon beraubt worden. Wir draußen sind es nicht gewöhnt. Für die Leute drinnen ist das kein großes Thema.“ Michaela Reibenwein

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