Mit dem E-Auto auf Skiurlaub: Teil 3 des E-Experiments
In diesem vorletzten Blogeintrag geht es um:
- Wie geht’s mit einem E-Auto in Schnee und Eis (sensationell)
- Ein Fazit der besten Tipps aus Ihren Kommentaren
- Warum wir diesen Mini-Serie überhaupt machen
Los geht’s!
Ich hatte ja große Bedenken, Ihnen einen Bären aufzubinden. Dieses Minitagebuch handelt ja über einen Urlaub in Tirol über die Semesterferien mit einem batterieelektrischen E-Auto. Und wie das so geht, mit Schnee und Eis und dem Aufladen, wenn doch alle Handys kennen, die bei Minusgraden den Betrieb einstellen, wenn ihnen zu kalt ist.
Bisher fehlte aber genau das: Schnee, Kälte und Eis, stattdessen 20°C bei der Abreise in Wien.
Aber jetzt: Schnee. Und Minusgrade. Und Wind, in Orkanstärke. Und dann: Kaiserwetter und alles weiß. Wer keine Ahnung hat, worum es hier geht, kann das gerne nachlesen, hier die Links zu den ersten beiden Berichten.
Schneekatze
Aber jetzt: Mit dem E-Auto im Schnee fahren war bisher großartig.
Bei meinem Test-Auto, einem Jaguar I-Pace mit 400 PS und 700 Newtonmeter Drehmoment, gibt es zum Glück einen Knopf, mit dem der Computer die Steuerung zwischen Motor und Rädern kontrolliert. Höchstens Rally-Ass Ari Vatanen könnte die Kraft der beiden E-Motoren (vorne und hinten) auf die Straße bringen, ich kann das nur, weil ich AdSR einschalten kann, Adaptive Surface Response.
Dieses Fahrhilfe-Programm erkennt die Straßenbedingungen und drosselt die Motorleistung entsprechend. Auch beim Anfahren am Berg kommt mir eine eigene Anfahrhilfe zugute, Low Friction Launch, als gäb’s gar kein Eis und keinen Schnee. Tatsächlich hat man nie das Gefühl, steckenbleiben zu können.
Volle Leistung, null Emissionen
Kurzum: Fahren lässt es sich auch bei Schnee großartig. Und so schön leise, nur das Knirschen des Schnees unter den Reifen ist zu hören, sofern meine Tochter nicht „Baby Shark“ hören muss. Die Hölle, dieses Lied, bei Youtube übrigens mehr als 4,5 Milliarden Aufrufe, was nur bedeutet, dass alle Eltern der Welt da mitfühlen können. E-Autos haben von null km/h weg die volle Leistung der Motoren, und das Auto ist im Fahrbetrieb emissionslos (der Ladestrom ist es nicht, dazu unten mehr):
Es gibt nicht einmal mehr einen Abrieb der Bremsscheiben, weil die E-Motoren bremsen im Normalfall, je nachdem wie man das Gaspedal zurücknimmt. Und ja, die E-Autos haben ein Bremspedal und können auch wie gewohnt bremsen. E-Autofahrer versuchen das aber zu vermeiden, denn die Motorbremse hat den nicht unangenehmen Nebeneffekt, dass sie beim Bremsen die Batterie aufladen, und damit die Reichweite erhöhen. Rekuperation nennt sich das.
Bleibt quasi nur der Gummi-Abrieb der Reifen und der Scheibenwischer.
Wir haben unser Quartier hoch oben am Ende einer Bergstraße, entsprechend saugt der Weg hinauf die Batterie leer. Beim Runterfahren, so ehrlich muss ich sein, lädt sich die Batterie nicht wirklich auf, jedenfalls nicht bei mir auf den wenigen Kilometern zum Skilift nach Oetz. Weil die Heizung Strom zieht (morgens hatte es minus sieben Grad) und das Batteriemanagement ebenfalls die Akkus heizt, damit sie mehr Leistung haben. Die Batterie lädt sich also nicht wirklich beim Runterfahren auf, sondern sie entlädt nur geringfügiger.
Ein Schnellader rettet das E-Experiment
Sorgen mit der Reichweite habe ich hier im Quartier nahe Umhausen keine, das Auto schafft ja locker 200 km plus, wenn es einmal vollgeladen ist. Aber gäbe es nicht diesen einen Schnelllader (50 Kilowatt) beim Supermarkt in der Nähe, dann würde mein E-Experiment scheitern. Denn alle anderen Ladepunkte in der Nähe sind keine Schnellader, man schließt das Auto bei zB 30 Prozent an und die Säule sagt: in 14 Stunden ist der Akku voll. Das wäre nur mit Mogeln machbar, wenn mich mein Schwager mit seinem Benzin-Plugin-Hybridauto abholt und morgens wieder hinbringt.
Denn bei unserer Hütte kann ich das Auto nicht laden, die Hütte ist alt, die Stromleitungen auch, und da überwiegt die Sorge, dass irgendein Stromkabel zu heiß wird und was brennen könnte. Für Sie, liebe Leser würde ich viel riskieren, auch für den KURIER, aber Tiroler Berghütten abfackeln, geht mir dann doch zu weit.
Wie ist das mit dem Stromverbrauch?
Beim Verbrenner-Auto war sowas ja einfach: Halbwegs effiziente Familien-Autos schaffen so sechs Liter auf einhundert Kilometer, manche auch weniger.
Und mein Strom-Jaguar? 30.3 kWh auf einhundert Kilometer im Schnitt, nach bisher 704 gefahrenen Kilometern und einer durchschnittlichen Geschwindigkeit von 66 Kilometer (hier gibt es viele enge Bergstraßen).
30,3 Kilowattstunden pro 100 Kilometer, das sagt natürlich wieder niemandem etwas, deshalb ein wenig zur Einordnung:Mein „Tank“ (Batterie) hat etwa 90 kWh Kapazität. Ich könnte also auch im Winter mit viel Ein- und Vorheizen rund 300 Kilometer pro Vollladung schaffen. In Wahrheit natürlich weniger, weil man das Auto selten leer fährt, sondern spätestens bei 15 Prozent eine Ladestation aufsucht.
Ladestationen bieten Stromfluss in unterschiedlicher Stärke an (= der Durchmesser des Tankstellenschlauches ist unterschiedlich groß).
„Ich brauch' Power für mein Akku“ (Bilderbuch)
- Bei einem normalen Stecker daheim fließen etwa 3kWh durch, eine 90kWh-Batterie bräuchte also 30 Stunden, um voll zu werden. Das macht nur zur Not Sinn, wenn nichts anders geht.
- Schlechte Ladesäulen bieten 11kW an, eine 90kWh-Batterie bräuchte nach Adam Riese mehr als acht Stunden für eine Vollladung. Viele der neu gebauten E-Ladestationen in Wien schaffen nur diese elf kW und nicht mehr, und über soviel Idiotie kann man nur den Kopf schütteln.
- Bessere Ladesäulen bieten zB 22kW an, eine 90kWh-Batterie bräuchte also rund vier Stunden.
- Gute Ladesäulen bieten bereits 50kW an, eine Vollladung, wohlgemerkt von null auf einhundert Prozent, würde eine Stunde 48 Minuten dauern.
- Es gibt aber bereits Ladestationen, die 150 kW, ja sogar 350 kW schaffen. Das schaffen allerdings bis jetzt nur die wenigsten E-Autos, mein Test-Jaguar schafft maximal 100kW, und laut aktuellem ÖAMTC-Test aber in Wahrheit eh nicht, sondern nur knapp unter 50kW. (LINK)
Jetzt verstehen Sie vielleicht, was mit den Forderungen nach mehr Forschung und besseren Technologien bei der E-Mobilität gemeint ist.
Die Weisheit aus dem Netz
Danke auch für die vielen Kommentare. Da gibt es gleichgesinnte Kämpferinnen, die ähnliches versuchen, viele gute Tipps, ein wenig Kritik, dass ich vorab keinen E-Autokurs absolviert habe und auch ein paar Nörgler, die allen erklären, dass sie ohnehin lieber mit ihrem Dieselauto fahren.
Bester Tipp aus den Kommentaren: Die Webseite „a better routeplanner“ – www.abetterrouteplanner.comDie Seite kann ich jetzt schon empfehlen, weil der Routenplaner zuerst abfragt, mit welchem E-Auto man fährt, wie schnell man fährt und was der durchschnittliche Verbrauch ist und anhand dieser Daten eine Route samt der besten Ladepunkte empfiehlt. Bei der Rückreise nach Wien werden wir das probieren!
Und an die freundlichen Kritiker: Ja, eh würde ich mit einem Verbrenner-Auto keine Probleme haben, aber ein Tagebuch mit dem Titel „Mit dem Diesel-Auto auf Skiurlaub nach Tirol“ würde wirklich niemand hinter dem Ofen hervorlocken, weil das wird ja seit hundert Jahren gemacht.
Verbrenner produzieren vor allem: heiße Luft
Was mich allerdings wundert, ist die Vehemenz mancher, gegen die Elektromobilität zu wettern. Verbrenner-Autos, um das an dieser Stelle zu erwähnen, sind seit Anbeginn extrem ineffiziente Maschinen, die aus dem kostbaren Erdöl zu 80 Prozent (!) völlig sinnlos Hitze erzeugen, die verpufft.
Schauen Sie mal unter die Motorhaube eines herkömmlichen Verbrenner-Autos, die meisten Schläuche da drin sind nur dafür da, die Hitze des Explosionsmotors irgendwie nach außen zu leiten. Nur 20 Prozent der im Öl gespeicherten Energie wird in einem Auto zur Fortbewegung genutzt. Und dazu noch die wenig tollen Auspuffgase wie Feinstaub oder Stickstoffoxide. Und natürlich das Kohlendioxid, das die Klimakrise anheizt.
Das Ende ist nah!
Ich wollte diese Geschichte machen, nicht weil ich E-Autos so viel cooler und besser finde. Sondern weil die Zeit der Verbrenner-Autos abgelaufen ist, das ist besiegelt.
Sogar der Bundeskanzler und der Vizekanzler haben ja gesagt: Wir wollen bis 2040 (!) klimaneutral werden. Und das impliziert, auch wenn die beiden das so nicht gesagt haben, dass es in spätestens 20 Jahren, logischerweise schon früher, keine Diesel- und keine Benzinautos und keine Tankstellen mehr geben wird. Klingt utopisch, finde ich auch, aber der Zug in diese Richtung ist längst abgefahren.
Wir werden also alle elektrisch fahren, das ist fix, unklar ist nur, welcher Energiespeicher zum Einsatz kommen wird, Batterien oder Wasserstoff-Tanks mit Brennstoffzellen oder was ganz was anderes. Induktionsschleifen unter der Autobahn zum Beispiel, oder Elektroleitungen über der Autobahn, das testen die Schweden gerade für Lkw. Oder Langstrecke nur mit dem Autoreisezug, im Koalitionspakt steht dazu was Interessantes (Seite 62): „Prüfung der Ausweitung des Angebots an Autoreisezügen (wie beispielsweise Wien – Innsbruck/Feldkirch). Berücksichtigung von E-Mobilität durch Lademöglichkeiten auf dem Zug.“
Tagessiegerin
Meine Tochter (7) ist heute Tagessiegerin beim Skikurs-Skirennen geworden, und wir werden Sie jetzt feiern, deswegen muss ich an dieser Stelle aufhören.
Im letzten Blogeintrag wird es dann ans Eingemachte gehen: Ob E-Autos wirklich der Weisheit letzter Schluss sind. Was mit den Akkus passiert, wenn sie nicht mehr Strom liefern? Und was es mit der noch vorherrschenden Idiotie mit den Ladesäulen und dem Ladenetz in Österreich auf sich hat.
Ich will aber auch die Frage behandeln, woher der Strom für die E-Autos denn derzeit kommt und woher er in Zukunft kommen soll, wenn alle (oder zumindest viel, viel mehr) ein E-Auto haben.Kleiner Hinweis: Vorgestern (5. Februar) wurden in ganz Österreich 195,6 GWh (Gigawattstunden) verbraucht, und immerhin 1,6 Prozent des Stromes (3,7 GWh) wurden in Österreich aus fossiler Kohle produziert, 19,5 Prozent (44,3 GWH) aus Erdgas!
Aber auch das will die Regierung ja abstellen und bis 2030 nur mehr Strom aus erneuerbaren Energien erzeugen. Und zum Schluss noch ein kleines Roundup über das aktuelle Angebot an E-Autos.
Bis demnächst!
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