Mit dem E-Auto auf Skiurlaub (Teil 2): Mit Halbgas nach Tirol

Mit dem E-Auto auf Skiurlaub (Teil 2): Mit Halbgas nach Tirol
Erstes Fazit der Reise mit dem E-Auto von Wien nach Tirol: Es geht! Aber so sicher nicht!

In diesem Bericht geht es um:

  • Die Fahrt von Wien ins Oetztal mit einem vollelektrischen Jaguar I-PACE (545 km)
  • Die Tücken der E-Ladesäulen in Österreich
  • Ein bisschen was Technisches zur E-Mobilität
  • Und ein erstes Fazit der Reise

Worum es hier geht, haben wir in Teil 1 des Reisetagebuchs beschrieben:

Los geht's!

Ich muss zugeben: Die Sorgen überwiegen aktuell die Freude, gleich mit meinem E-Jaguar in den Urlaub fahren zu können. Das hat vor allem mit höherer Mathematik zu tun, so stellt sich mir das jedenfalls dar.

Von Wien bis Niederthai im Ötztal sind es laut Routenplaner 545 Kilometer.

Die Auto-App zeigt mir bei voll aufgeladenen Batterien eine Reichweite von 361 Kilometer an. Theoretisch müsste ich also nur einen Ladestopp einlegen, irgendwo im deutschen Eck.

Alle, wirklich alle, die von E-Autos was verstehen, haben mir aber abgeraten, es bis nach Bayern zu versuchen. Das hat natürlich mit dem echten Verbrauch bei Langstrecken auf Autobahnen zu tun. Der Fahrtwind lässt die Reichweite nämlich dahinschmelzen, je schneller, desto schneller.

Für E-Autofahrer ist es längst zum Sport geworden, so wenig Energie wie möglich zu verbrauchen. Also nie sinnlos mal kurz aufs Gas steigen, besonders vorausschauend fahren, damit die Bremswege minimiert werden können, die Autos laden sich ja auf, wenn man langsamer wird. Alles in allem also genau das Gegenteil von dem, was Benzinbrüder und -schwestern ihr Leben lang gemacht haben.

Also haben wir jetzt einmal zwei Ladestopps geplant, einen bei der Raststation Mondsee, und einen kurz nach Innsbruck. Bis Mondsee sind es 264 Kilometer, das müsste doch schaffbar sein, wenn er mir 361 Kilometer Reichweite anzeigt.

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Beim Start in Wien: Restreichweite 338 km

Und noch was vorweg: Ich möchte mit diesem Experiment herausfinden, ob so ein Skiurlaub in Tirol mit einem E-Auto ohne großen Komfortverlust möglich ist. Ich habe mir also vorgenommen, nicht 80 km/h auf der Autobahn zu fahren, sondern gemütliche 120+ km/h, also nahe der erlaubten Höchstgeschwindigkeit.

Mein E-Jaguar I-PACE schafft übrigens locker 200 km/h, das aber wahrscheinlich nicht sehr lange, ich habe aber ohnehin nicht vor, das herauszufinden. 

Wie die Reise war?

Um hier niemanden auf die elektrische Folter zu spannen: Wir sind inzwischen im Ötztal angekommen, Restreichweite laut Bordcomputer: 99 Kilometer.

Deswegen jetzt schon das Fazit der Anreise:

Es geht gut, aber so sicher nicht.

Statt sechs Stunden mit einem Benziner haben wir fast achteinhalb Stunden gebraucht.

Warum das so nicht geht?

Weil nämlich: Die Ladeinfrastruktur in Österreich ist für die aktuelle Nachfrage ausreichend, aber chaotisch organisiert, man muss auf der einen App nachschauen, dann auf der anderen und auf noch einer, und dann Glück haben (hatte ich), dass die erwählte Ladesäule nicht belegt ist. Mein Glück teilten drei E-Fahrzeuge nicht, die kurz nach mir bei der Ladesäule ankamen - und dann warten mussten.

Wie geht das mit dem Aufladen?

Das ist ja der Kern der E-Mobilität. Während Verbrenner (Benzin und Diesel) locker mehr als 500 Kilometer fahren können, schaffen das E-Autos derzeit selten. Also muss das Laden gut gehen. Tut es aber nicht, auch wenn das nichts mit meinem I-PACE zu tun hatte, den muss ich in Schutz nehmen, die Raubkatze hat sich top verhalten.

603 Kilogramm wiegt die Batterie in meinem E-Jaguar, sie hat eine Kapazität von 90 kWh.

Das sagt natürlich niemandem etwas, weil das bei den E-Autos ja alles anders ist.

Die Rechnung geht in etwa so:

Ein Verbrenner-Auto hat zum Beispiel einen Tankinhalt von sagen wir 50 Liter, bei einem Verbrauch von zehn Litern auf einhundert Kilometern hat man also eine Reichweite von 500 Kilometern.

Mein E-Auto hat eine Kapazität von 90 kWh (Kilowattstunden) und einen Verbrauch von etwa 25 kWh auf einhundert Kilometern, was also eine theoretische Reichweite von 360 Kilometer ergibt.

Theoretisch deshalb, weil in der wirklichen Welt klappt das so nicht ganz. Wie gesagt, je schneller man fährt, desto schneller saugen die beiden E-Motoren die Batterie leer. Und das Auto schützt sich auch ein bisschen über das interne Batteriemanagement, das die Batterie nie ganz voll oder ganz leer werden lässt, weil sie sonst schneller kaputt gehen würde.

Die Crux mit dem Laden

Es tut mir sehr leid, aber jetzt wird es wirklich kompliziert: An den Schnellladern kann man mit unterschiedlicher Geschwindigkeit laden, das hängt davon ab, was man bereit ist zu zahlen, von den technischen Möglichkeiten des Autos und den technischen Möglichkeiten der Ladesäule. Lauter Fragezeichen also.

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An der Ladesäule in Oberösterreich: Alles soweit gut

Bei der Reise ins Oetztal haben wir nur bei Schnelladern mit 50kW geladen. Bei einem Akku von 90kWh würde man also von 0% auf 100% fast zwei Stunden brauchen. Für Benzinbrüder und -schwestern übersetzt heißt das: Der Zapfhahn der Tankstelle kann sehr klein sein, es rinnt quasi nur ein halber Liter Benzin pro Minute durch. Einen leeren Benzintank mit 50 Liter zu füllen würde demnach 100 Minuten dauern.

Wobei: Es gibt sogar schon Ladesäulen, die 350 kW laden können, aber nur wenige Autos, die so schnell so viel Strom speichern können. Obwohl das die Lösung wäre, ein 90 kW-Speicher im Auto könnte man ja mit einer 350kW-Leitung in einer Viertelstunde füllen, schneller als jede Lulupause der Kinder. Tatsächlich sind wir auf der Reise ins Oetztal zwei Mal zum Laden stehen geblieben, beim ersten Mal dauerte die Ladung von 19% auf 85% nicht ganz eine Stunde. Beim zweiten Mal von 15% auf 80% allerdings achtzig Minuten.

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Die Auto-App am Handy zeigt, wie viel bereits geladen wurde

Warum das beim zweiten Mal so viel länger dauerte? Keine Ahnung. Und genau das ist mein größtes Problem bei der Elektromobilität: Benzintanken ist ja watscheneinfach, das E-Laden ist es nicht. Zwar ist der Ladevorgang an sich viel leichter – man fährt zur Ladesäule, steckt den Stecker an, hält seine Ladekarte an die Säule und fertig.

So viele Fragezeichen

Was mühsam ist, ist das rundherum. Eine Ladesäule suchen, die frei ist und richtig schnell laden kann. Die passende Ladekarte haben, weil sonst wird es richtig, richtig mühsam und eventuell sogar teuer. Während der Fahrt dauernd kontrollieren und rechnen, wo man stehenbleiben sollte, weil die Reichenweitenangaben am Bordcomputer unzuverlässig sind.

Das ist alles nicht die Schuld meines Luxusautos, der I-PACE kann mit 100 kW geladen werden. Aber finden Sie mal eine passende Ladesäule mit 100kW. Ich bin zur Stunde noch auf der Suche.

Mit dem E-Auto auf Skiurlaub (Teil 2): Mit Halbgas nach Tirol

Am Ende der Reise: Angezeigter Verbrauch bei 29,2kWh/100km

Und ich geh‘ jetzt schlafen, morgen wird’s im Oetztal stürmen und regnen. Was gut ist, weil es ja für den nächsten Tagebucheintrag noch viel zu erzählen gibt. Das hat mit Norbert Hofer zu tun, dem Strommarkt in Österreich, der Elektromobilitätsrevolution und, ja, der Klimakrise. Wegen der machen wir das ja. Es wird ja in allerspätestens 20 Jahren keine Benzin- und Diesel-Fahrzeuge mehr geben, klimaneutral sollen wir ab 2040 sein, der Kanzler hat's schon mehrmals gesagt!

Demnächst mehr.

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