Die Mobilitätswende, also ein Ende für fossil-getriebene Fahrzeuge, führt nun zu einem Streit mit der Großmacht China. Verhandlungen zwischen Brüssel und Peking wegen aus EU-Sicht marktverzerrender Subventionen Chinas für ihre E-Autoproduktion verliefen bisher erfolglos, somit gelten ab sofort (Straf-)Zölle, die Europäer nennen sie Ausgleichszölle, auf chinesische Importautos.
Diese werden nicht ab heute eingehoben, sondern müssen vorerst in Form von Bankgarantien von den Autofirmen dargebracht werden. Ob die Abgaben einbehalten werden, hängt davon ab, ob die EU mit China bis Anfang November eine Lösung verhandeln kann. Die Gespräche laufen also zunächst weiter, aber danach könnte Brüssel endgültig Zusatzzölle einführen.
Die Maßnahme der EU ist aber auf mehreren Ebenen bedenklich. Einerseits müssen EU-Bürger nun tiefer in die Tasche greifen, um die chinesischen Fahrzeuge kaufen zu können. Andererseits ist die Sorge vor der Reaktion der Regierung in Peking groß. So warnt der deutsche Verband der Automobilindustrie (VDA) vehement vor den Folgen für die Wirtschaft. Die Strafzölle seien nicht zielführend. Der Verband warnt vor dem „enormen“ Schaden, der durch potenzielle Gegenmaßnahmen verursacht werden könnte. China ist der größte Automarkt der Welt und war laut VDA 2023 für Autos aus Deutschland der drittgrößte Exportmarkt (nach USA und UK). Sollten Einfuhrzölle aus Peking auf Fahrzeuge mit mehr als 2,5 Litern Hubraum eingeführt werden, würde dies die Branche hart treffen. 2023 fiel ein Drittel der aus Deutschland nach China exportierten Fahrzeuge in diese Größenordnung.
Wie reagieren chinesische Autofirmen auf die Strafzölle? Und was bedeutet das für die Preise?
Die Strafzölle beschäftigen die chinesischen Automarken – aktuell sind das in Österreich BYD, MG, Polestar, Volvo, künftig etwa auch Omoda und Jaecoo (beide aus dem Chery-Konzern) – massiv. Hansjörg Mayr, Vorstandsmitglied der Denzel AG und dort für das China-Geschäft zuständig, sagt: „Für uns liegen 17,4 Prozent Strafzoll am Tisch, zusätzlich zu 10 Prozent Zoll, die es ohnehin auf chinesische Importe gibt. Das sind Verteuerungen, die wir auf Dauer nicht kompensieren können.“
Für seine Marke BYD (wird von Denzel importiert) bedeutet das: „Wir haben noch schnell ein größeres Kontingent an Autos bestellt, die wir zu den aktuellen Preisen verkaufen können. Danach sind Preiserhöhungen aber nicht ausgeschlossen“. BYD hatte seinen Markteintritt in Österreich 2023 und verkaufte bereits im ersten Jahr 1.024 Autos. In den ersten fünf Monaten 2024 liegt BYD mit 1.218 verkauften Autos in der heimischen Elektroauto-Verkaufsstatistik nach Tesla, BMW und Audi auf Platz 4.
Andere Automarken, die in China produzieren, fahren unterschiedliche Strategien. Polestar, aus dem Geely-Konzern, will die Preise beibehalten, „wir schlucken das und bleiben bei unserer aktuellen Preisgestaltung“, heißt es von Sprecherin Elisabeth Binder. Konzernschwester Volvo hat bereits seit 1. Juli die Preise erhöht (plus 3,5 Prozent) und plant laut Österreich-Chefin Melisa Seleskovic aktuell keinen weiteren Erhöhungen.
MG, aus dem SAIC-Konzern und mit satten 37,6 Prozent zusätzlichem Strafzoll belastet, räumt ein, „dass es auf Dauer ohne Preiserhöhungen nicht gehen wird. Das scheint unvermeidbar“, heißt es bei MG-Österreich. Die Marke hatte sich in den vergangenen Jahren gut in Österreich etabliert, 2.039 elektrische MG wurden 2023 hierzulande verkauft, in den ersten fünf Monaten 2024 waren es 1.137 Einheiten.
Die Extra-Zölle Bereits seit Mai besteuert die USA Autoimporte aus China (bis zu 102,5 %), nun zieht die EU nach und straft individuell: BYD mit 17,4 %, Geely mit 19,9 %, SAIC mit 37,6 % – je nach Kooperationsbereitschaft und dem Ausmaß der Subventionen.
Der Vorwurf Die EU wirft China vor, bei Elektroautos marktverzerrend zu subventionieren. Durch: Steuererleichterungen für Forschung und Kredite unter den Marktbedingungen; Zugang zu Materialien wie Stahl und seltenen Erden zu vergünstigten Preisen.
Sonderweg: Produktion in Europa
„Unvorstellbar“ für Hansjörg Mayr von Denzel und Danijel Dzihic, Managing Director BYD Österreich, ist der Vorwurf, „dass die chinesischen Autobauer bewusst eine Überproduktion forcieren würden, um den europäischen Markt zu verzerren“. Danijel Dzihic stellt hier die Gegenfrage: „Was ist schlecht daran, günstige E-Autos anzubieten?“ und verweist auf das große Europa-Commitment seiner Marke.
BYD, seit kurzem weltgrößter Hersteller von Elektroautos, schlägt deshalb einen Sonderweg ein. Schon seit dem Vorjahr baut der chinesische Konzern an einem Werk in Europa. Rund 400 Kilometer von Wien entfernt, im ungarischen Szeged, einer Universitätsstadt mit technischer Hochschule und direkter Anbindung an die Autobahn und das Schienennetz, wird eine Produktionsstätte für eine Kapazität von bis zu 300.000 Fahrzeugen pro Jahr errichtet.
Ab 2025 sollen in Ungarn diverse BYD-Modelle gebaut werden, made in Europe, innerhalb der EU – und damit außerhalb der Strafzölle.
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