Wahrscheinlich war die SPÖ selbst verblüfft, wie prächtig der Slogan vom „Wien-Bashing“ aufging und auch noch die leiseste Kritik an der Stadt – von der Verkehrs- und der Integrationspolitik, über die beängstigend hohen Arbeitslosenzahlen bis hin zum lausigen Corona-Management – im Keim erstickte. Zurück blieben böse Buben, die halt nicht verstehen wollen, dass das alles auf den Großstadtfaktor in dieser ansonsten so urcoolen Stadt zurückzuführen sei. Lediglich die FPÖ ließ sich nicht davon abschrecken, aber sie hat zur Zeit ohnehin nicht mehr viel zu verlieren. Dominik Nepp ist aus dem Schatten Heinz-Christian Straches herausgetreten. Nepps Auftritte waren jedenfalls vifer als seine unterirdisch-plumpen Wahlmittel. Strache fiel vor allem in den therapeutischen Duellen der beiden Rechtsparteien auf – eine Familienaufstellung.
Der eigentliche Herausforderer, Gernot Blümel blieb blass. Was mindestens drei Gründe hatte. Erstens weil er sich selbst im Weg stand (Stichwort Laptop, aber auch weil ihm als Finanzminister die Zeit fehlte, sich einzubringen). Zweitens, weil ihn die gut geölte rote Wahlkampfmaschine platt machte. Drittens wegen des (immer schon) schwierigen Zustands der Wiener ÖVP – zerrissen zwischen „großkoalitionärem“ Schwarz (Wirtschaftskammer-Chef Ruck) und Türkis, das die Wiener Politik als Antithese zur eigenen Linie betrachtet. Sollte Blümel Vizebürgermeister einer rot-türkisen Koalition werden, fiele ein willkommener Reibebaum um – übrigens für beide Seiten.
Michael Ludwig segelte beschwichtigend-beschönigend durch den Wahlkampf, verteilte Gutscheine und verpackte seine Spitzen in Watte. Dabei führte er den grünen Koalitionspartner vor, ließ Birgit Hebein bei ihren Kernthemen (autofreie Innenstadt, Citybikes) kühl-lächelnd auf den Bauch fallen. Nähert sich Ludwig der Absoluten, könnte er sich einen etwas einfacheren Mitregierer angeln. Die Neos sind nach links gerückt und stehen bereit. Eine rosa-rote Zusammenarbeit würde die SPÖ moderner wirken lassen (ohne dass man allzu arge Lästigkeiten erwarten müsste) und die Pinken mit Regierungsverantwortung aufladen.
Auf der Verliererseite stand definitiv die Sachpolitik. Und so viele schlechte Wahlplakate hat man auch selten gesehen. Da war noch die absurde „Bierpartei“ am (halb)lustigsten. Das meiste andere versank in Biederkeit, Glätte, Peinlichkeit und Dumpfbackigkeit. Gut, dass es jetzt endlich vorbei ist. Hätten wir nicht gerade ein paar dringende Probleme, die es zu lösen gilt? Bitte ab Montag angehen.
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