Folgt man Kennedys Thesen, so befindet sich das Staatengebilde der Europäischen Union derzeit irgendwo zwischen Überdehnung und Erschöpfung. Daraus folgt nun, dass von der Leyen und die neue Kommission mitsamt den EU-Staats- und Regierungschefs schon ein kleines Wunder schaffen müssen, um eine Art historisches Perpetuum mobile Richtung Aufstieg zu schaffen.
Gelingen kann das nur mit einer Politik der Konsequenz. Etwa beim leidigen Thema Brexit. Eine neuerliche Verlängerung des EU-Austritts Großbritanniens, wie das von der Leyen schon in Aussicht gestellt hat, wäre katastrophal. Es gilt endlich einen sauberen Schnitt zu machen. Konsequenz ist auch im Umgang mit China, der künftigen Weltmacht, erforderlich. Dem ökonomisch-imperialistischen Seidenstraßen-Projekt Pekings muss Europa vereint entgegentreten. Das alles aber sind leichte Aufgaben.
Das große Thema, das die Zukunft der Union entscheiden wird, ist die Frage einer einheitlichen Geld- und Währungspolitik. Sie ist die Basis für den Wohlstand und den Aufstieg einer Macht – um bei diesem Ausdruck zu bleiben. Die Währungsunion in der EU ist aber unvollendet. Ihr fehlt der politische Überbau samt Euro-Finanzminister und Euro-Budget. Dazu kommt eine fatale Schuldenpolitik.
Ursula von der Leyen hat in den vergangenen Tagen angekündigt, quasi die Welt retten zu wollen. Die Palette reichte dabei von einem europäisch flächendeckenden Mindestlohn bis hin zu einer radikalen Klimawende. Klar. Wer dieser Tage den Kampf gegen die Erderwärmung nicht zur Causa prima erklärt, begeht sozusagen Hochverrat. Von der Leyen wird freilich bald nichts mehr zu retten haben, wenn sie die EU-Mitglieder nicht von der Notwendigkeit fiskalischer Disziplin samt vollendeter Währungsunion zu überzeugen vermag. Denn der Zerfall großer Mächte beginnt laut Kennedy an der Peripherie. So betrachtet hat das die EU mit der Griechenland-Krise eigentlich schon hinter sich. Die Krise ist bereits weitergewandert. Nach Italien. Und das liegt im Herzen der EU.
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