US-Wahlen: Den Nahkampf übernimmt die Frau

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Kämpfen und begeistern, zwei Disziplinen, in denen sich Joe Biden schwer tut, wird jetzt seine Mitstreiterin übernehmen.
Konrad Kramar

Konrad Kramar

Schon der Schwall an Vorwürfen und negativ besetzten Eigenschaftswörtern, die Donald Trump eilig losließ, macht deutlich: Der Präsident weiß, wie gefährlich ihm seine neue Gegnerin werden kann. Wenn Kamala Harris zur Sache kommt, dann ist sie alles andere als zimperlich. Die Senatorin aus Kalifornien hat einige von Trumps engsten Verbündeten in Untersuchungsausschüssen zur Russland-Affäre wirklich übel zugerichtet. Sie hat auch dem Präsidenten schon vor Monaten ausrichten lassen, dass er ihrer Meinung so rasch wie möglich aus dem Weißen Haus entfernt werden müsse.

Die 55-Jährige ist ein politischer Vollprofi, der auch gerne einmal die Samthandschuhe auszieht, wenn es darum geht, einen Gegner zu attackieren. Sogar Joe Biden bekam in einer Vorwahl-TV-Debatte eine Kostprobe dieser Härte, als ihm Harris vorwarf, einst selbst rassistische Haltungen vertreten zu haben.

Gefährliche Schwächen

Dass sich Biden – nach quälend langem Hin und Her – schließlich doch für die schon seit langem favorisierte Harris als Kandidatin für die Vizepräsidentschaft entschieden hat, zeigt nur, wie bewusst man sich im Team des Demokraten dessen bedenklicher Schwächen ist.

Biden hat sich im bisherigen Wahlkampf eigentlich nur durch zwei Eigenschaften ausgezeichnet: Zurückhaltung und die Tatsache, dass er nicht Donald Trump ist und daher nicht ansatzweise so viel falsch machen kann wie dieser. Dass das auch eine Mehrheit der US-Bürger so sieht, beweist der anhaltende Vorsprung Bidens vor Trump in den Umfragen.

Doch hält dieser den kommenden drei Monaten Wahlkampf stand? Einem Wahlkampf, der so Einiges an Schmutzigkeit und Untergriffigkeit zu bieten haben wird.

Trump hat zumindest als mehrfacher Bankrotteur gezeigt, dass er, wenn es ernst wird, verdammt hart um sein Überleben kämpfen kann. Biden hat bisher nichts anderes getan, als diese Angriffe vorbeiziehen zu lassen und sich aus allem herauszuhalten. Damit hat er zwar einige Fehler vermieden, aber im Gegenzug vielen demokratischen Wählern auch die letzte Begeisterung für seine Kandidatur genommen.

Begeisterung, die Kamala Harris entfachen soll. Selbst Schwarze, hat sie in den jüngsten Konflikten um den bis heute alltäglichen Rassismus in den USA überzeugend Haltung bewiesen. So kann sie Amerikas junge Liberale wieder für die Demokraten gewinnen, die Biden nur als Notlösung gegen das Problem Trump sahen. Mit dem wird sich Harris verlässlich in den kommenden Wochen anlegen. Biden kann ja daneben versuchen, sich herauszuhalten und dabei möglichst präsidial zu wirken. Eine Arbeitsteilung, die klappen könnte.

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