Die Kriege im Nahen Osten, der mächtig gewordene Konkurrent China – das war aus der Perspektive Washingtons schon seit Jahren dringlicher als die Europäer. Doch Putins Krieg, den die USA übrigens tatsächlich kommen sahen, brachte auch jenseits des Atlantiks die Gewissheit: Die gesamte Sicherheit Europas – und die ist den USA nicht egal – wird auch in der Ukraine entschieden.
So überraschend, so einig und so schnell die EU auch mit Sanktionen gegen Moskau reagiert hat, der Anführer des Westens ist seit dem russischen Einmarsch in die Ukraine Joe Biden. Der US-Präsident warnte schon früh, er stimmte sich mit den europäischen Verbündeten und Partnern so intensiv ab wie selten zuvor. Das Ergebnis: eine geeinte Reaktion auf Putins Aggression.
Wird es reichen, um den Krieg in der Ukraine zu beenden? Das Kalkül des Westens scheint zu sein, der Ukraine mit NATO-Waffen und Hilfslieferungen so lange das Durchhalten zu ermöglichen, bis Russland zu einem ernsthaften Waffenstillstand bereit ist.
Dafür aber müsste dem Kreml-Herren erst klar werden, dass er seine Ziele – welche auch immer – militärisch nicht erreichen kann. Und dafür müssten die westlichen Sanktionen für Russland endlich so schmerzhaft werden, dass sie das Land wirtschaftlich in die Knie zwingen.
Dafür aber braucht nicht nur die Ukraine einen langen Atem. Auch die USA und Europa werden ihn brauchen – und Joe Bidens wichtigste Aufgabe in diesen kommenden, harten Zeiten wird es sein, die transatlantische Einheit zu wahren.
Differenzen innerhalb der EU tauchen immer schnell auf: Ölembargo gegen Russland – ja oder nein? Mehr militärische Härte gegen Russland? Der US-Präsident wird über innereuropäische Streitigkeiten nicht entscheiden. Er hat aber die Macht und die Entschlossenheit – das beweisen nicht zuletzt mehrere, von ihm initiierte Gipfeltreffen am Donnerstag in Brüssel –, Europa zusammen und bei der Stange zu halten.
In der gemeinsamen Antwort auf die Aggression Russlands ist Biden also Europas bester Mann.
Kommentare