Die Hardliner in Teheran, also vor allem die Revolutionsgarden mit ihren Einheiten für schnelle Auslandseinsätze, agierten zunehmend aggressiv, etwa mit den wiederholten Attacken gegen internationale Schiffe im Persischen Golf.
Revolverheld-Pose für den Wahlkampf
Die Tötung von Suleimani, also der mächtigsten und obendrein populärsten militärischen Figur im Iran, war also der Schritt in Richtung Krieg, den die Falken in Washington schon lange herbeigewünscht hatten. Trump gefiel er wohl vor allem deshalb, weil er die Quasi-Hinrichtung im Western-Stil gut auf Twitter bewerben konnte, und weil sich die Revolverheld-Pose im anlaufenden Wahljahr gut verkaufen lässt. Was man politisch damit bezwecken wollte, da war man sich zwischen Weißem Haus und Pompeos State Department offensichtlich nicht so sicher. Sprach man zuerst von einer vorbeugenden Attacke, weil Suleimani weitere Terroranschläge gegen US-Einrichtungen vorbereitet habe, wurde inzwischen daraus laut Trump ein Akt der Rache für das iranische Vorgehen in der Krisenregion.
Schließlich mischte man beide Darstellungen zu einer Aussage über den "Schutz des amerikanischen Heimatlandes und die Rettung amerikanischer Leben". Auch auf die drängende Frage, wie sich die USA in diesem Konflikt und in der gesamten Region weiter strategisch aufstellen wollen, liefert Trump derzeit nur ein Fragezeichen. Der Präsident, der seit Amtsantritt immer auf einen Abzug aller US-Truppen gedrängt hatte, kündigte nach dem Suleimani-Schlag plötzlich eine Verstärkung an. Das heißt, er brachte rasch einmal freihändig Zahlen ins Spiel. Wohin genau und für welchen Einsatz die paar Tausend zusätzlichen US-Soldaten verschifft werden sollten, blieb unklar. Zugleich aber gelangte - wohl nicht ganz zufällig - ein Strategiepapier des Pentagon an die Öffentlichkeit, in dem man den endgültigen Abzug aus dem Irak plante. Ein weiterer offener Widerspruch.
Ratlose Verbündete
Die jüngste iranische Attacke, die nach ersten Angaben keine US-Todesopfer forderte, müsste nun eigentlich die entschlossene US-Reaktion provozieren, mit der Trump in den letzten Tagen geprahlt hatte. Immerhin hatte der Präsident sogar gedroht, iranische Kulturschätze aus der Welt zu bomben. Ob er tatsächlich einen so entschlossenen militärischen Schritt setzt, ist nicht nur für Analytiker und Militärexperten kaum abzuschätzen.
Auch die Verbündeten in der Region sind merklich ratlos angesichts der Irrläufe des US-Präsidenten. Nicht ohne Grund gab es in den vergangenen Tagen eilig anberaumte Gespräche des Präsidenten mit Vertretern Saudi Arabiens und Israel, also den wichtigsten Partnern in der Region. Trump selbst prahlt ja gerne damit, dass gerade seine Unberechenbarkeit ihn so gefährlich für die Feinde der USA mache, und sie so nur noch mehr Respekt vor ihm bekommen würden. Wohin diese Unberechenbarkeit nach dem jüngsten iranischen Angriff im Irak führt, sollte nicht nur den Iranern Sorge bereiten, sondern auch uns Europäern.
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