Andererseits blieb dem Internationalen Olympischen Komitee auch gar keine andere Wahl. In den klassischen Wintersportdestinationen ist niemand mehr Feuer und Flamme für Olympia. Oslo, Garmisch, Stockholm, St. Moritz oder Innsbruck – überall hat die Bevölkerung der Austragung von Winterspielen eine Absage erteilt. Deshalb bekommt Peking nun die große Sportbühne und darf der Welt zeigen, dass es im Reich der Mittel nicht einmal Naturschnee braucht, um Winterspiele durch-führen zu können. Nur die Pandemie ist ein Spieleverderber.
Aber ist sie das wirklich? Oder kommt das Coronavirus China möglicherweise gar nicht einmal so ungelegen?
Bekanntlich leben sämtliche Olympia-Teilnehmer während der Spiele in einer Blase und unter strenger Kontrolle. Der Bewegungsradius beschränkt sich auf das Olympische Dorf und die jeweiligen Sportstätten. Begründet wird das vor allem mit der Sorge vor Corona.
Doch das ist natürlich nur die halbe Wahrheit. Denn diese Olympia-Blase hat einen willkommenen Nebeneffekt. Social Media wird in den nächsten zwei Wochen nicht mit Bildern von Sportlern überflutet werden, die den Tian’anmen-Platz besuchen, wo 1989 die Demokratiebewegung blutig niedergeschlagen wurde. Es wird auch keine lästigen ausländischen Reporter geben, die neugierig hinter die Chinesische Mauer blicken und sich auf die Spuren der Uiguren begeben oder Einheimische befragen, was sie vom chinesischen Umgang mit Hongkong oder Tibet halten.
Eine Verschiebung oder gar Absage der Spiele aufgrund von Corona stand ohnehin zu keiner Zeit im Raum. Diese Blöße hätte sich das Land, in dem das Virus vor zwei Jahren seinen Ausgang genommen hat, niemals gegeben. Die Athleten, die wegen Covid die Spiele verpassen, sind da maximal Kollateralschäden. Dass es mit Sara Marita Kramer die beste Skispringerin der Gegenwart erwischt hat, ist für die 20-Jährige persönlich ein schwerer Schlag und für das österreichische Team ein herber Verlust.
Aber für China und seine Olympischen Spiele dürfte das so wichtig sein, wie wenn in Österreich ein Paar Ski umfällt.
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