Zugleich mehrt sich die Zahl derer, die darauf drängen, sich testen lassen zu dürfen: Da wäre etwa ein älterer Herr, der Symptome zeigt, obwohl er weder im Ausland war, noch (wissentlich) mit Infizierten Kontakt hatte. Er wird nicht getestet. Oder jener Mann, dessen Familienmitglied im Haushalt zur Risikogruppe zählt – und der auf Nummer sicher gehen will. Auch er wird nicht getestet. Und die Frau, deren Kollege infiziert ist und die sich nicht gut fühlt? Auch bei ihr: Vorerst Fehlanzeige. Vielleicht komme man in „drei, vier Tagen“ vorbei, hieß es am Telefon. Nicht zu vergessen jene, die in der „kritischen Infrastruktur“ arbeiten und fürchten, andere anzustecken.
Alle Beispiele sind echt und nur eine kleine Auswahl.
Jeder, der sich bei den Hotlines meldet, hat seine ganz individuelle Geschichte zu erzählen. Gemeinsam ist vielen eines: Sie haben ein (zumindest subjektiv) berechtigtes Interesse, sich testen zu lassen. Demgegenüber: die restriktiven behördlichen Kriterien. Einen Abstrich erhält, wer Symptome zeigt und entweder in einem Krisengebiet war, mit bestätigten Fällen Kontakt hatte oder wessen Arzt auf einem Test besteht.
Natürlich, es gibt Gegenargumente zu flächendeckenden Tests: Sie sind eine Momentaufnahme – wer heute nicht infiziert ist, kann es morgen sein. Das Ergebnis bei frisch Infizierten kann zudem negativ sein, obwohl sie das Virus in sich tragen. Eine trügerische Sicherheit? Die Antwort ist uneindeutig: Andere (etwa Südkorea) testeten alle. Mit Erfolg. Und anscheinend verbreiten jene Erkrankten, die keine Symptome zeigten, das Virus sogar am stärksten. Beides spräche für breite Tests.
Sträflich vernachlässigt wird in der Debatte jedenfalls die psychische Komponente. Denn jene, die derzeit ihr Homeoffice-Idyll auf Instagram in Szene setzen können, sind die privilegierte Minderheit. Viele fürchten um den Job. Für andere wird die Isolation zur Einsamkeitsfalle oder zur familiären Belastungsprobe. Angesichts der Ausnahmesituation ist das Bedürfnis nach ein bisschen Klarheit größer denn je. Die Antwort auf zumindest eine Frage könnte helfen: Bin ich (noch) gesund – oder ansteckend?
Wollen die Behörden das körperliche und das emotionale Wohl im Blick haben, sollten sie den Kreis derer, die Anrecht auf Tests haben, erweitern. Nach medizinischen Kriterien, aber auch mit G’spür für die Menschen. „Koste es, was es wolle“ darf nicht das einzige Credo sein: Testen wir, so viel wir können!
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