Ex-Bürgermeister Michael Häupl hat den Satz geprägt, dass der Wahlkampf eine Zeit fokussierter Unintelligenz sei. Gleich nach dem Wahlkampf folgt aber die Zeit des Sommerlochs. Wenn die Temperaturen auf über 35 Grad steigen und Politiker die Mikrofone suchen, kommen oft seltsame Ideen hervor. Wir hatten schon Debatten um Tempo 160 (Christopher Drexler vor 20 Jahren) und viele mehr. Besonders schlimm wird es aber, wenn ein heißer Sommer mit einem beginnenden Wahlkampf zusammenfällt.
Dass Umweltministerin Gewessler gratis Klimatickets für jene auslobt, die sich ein bestimmtes Tattoo stechen lassen, ist ein neuer Tiefpunkt. Da nur sechs junge Menschen davon bei zwei Festivals Gebrauch machten, ist die Sache nicht weiter tragisch – außer vielleicht für diejenigen, die draufkommen, dass das Tattoo für immer bleibt, das Ticket aber nur für ein Jahr gilt.
Gefährlicher sind linkspopulistische Ideen, die derzeit auf Andreas Bablers Sommertour gewälzt werden. Da wird gedeckelt (Zinsen und Mieten), erhöht (Sozialleistungen) und gekürzt (Arbeitszeit), was das Zeug hält. Das bringt nicht nur die ohnehin seit Corona und Krieg angespannten Staatsfinanzen in Gefahr und damit die Zukunft der nächsten Generationen, sondern würde auch in marktwirtschaftliche Systeme eingreifen, wie man es seit dem Untergang des Kommunismus in Osteuropa nicht mehr erwartet hätte. Dass in Zeiten eines Arbeitskräftemangels eine Arbeitszeitverkürzung irgendwie kontraproduktiv wäre, bedarf keiner Studie.
Besonders verwunderlich ist die Idee, die Kreditzinsen zu deckeln. Es gibt nämlich kaum ein transparenteres Preissystem als die Geldwirtschaft. Die EZB senkt oder erhöht den Leitzins. Die Banken ziehen das nach und schlagen den je nach Kundenbonität vereinbarten Aufschlag drauf.
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Hätten wir bei Strom, Gas oder Benzin ähnliche Mechanismen, wäre Energie längst wieder so günstig wie vor dem Ukraine-Krieg. Und wer die letzten Jahre von billigen variablen Krediten profitiert hat, darf sich nicht wundern, dass das Pendel auch in die andere Richtung ausschwingt.
Markt regelt die Zinsen für Einlagen
Die Kritik, dass Sparzinsen langsamer steigen, kann jeder Kunde mit einem Bankwechsel beantworten. Ein Girokonto ist bekanntlich keine Sparform, sondern für den Zahlungsverkehr da. Und selbst wenn eine andere Bank knapp bei Kasse ist und für Geld höhere Zinsen zahlen muss, ist das Ersparte durch die Einlagensicherung bis zu einem bestimmten Betrag geschützt.
Linke Ökonomen, die nun die Milliardengewinne der Banken aufgrund der Zinsschere anprangern, vergessen, dass die EZB und die Finanzmarktaufsicht penibel darauf schauen, dass die Kapitalquoten der Banken passen, um nicht wie im Jahr 2008 mit einer Bankenkrise aufzuwachen. Und durch Gewinne aufgebautes Eigenkapital ist allemal besser als neue Bankenrettungspakete. Die zahlt nämlich wieder der Steuerzahler. Aber das scheint den Sommerloch- und Wahlkamfpopulisten ja egal zu sein.
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