Als Vorbild wurde gleich zu Beginn des Bundesparteitages das Bild von Bruno Kreisky eingeblendet. Er steht für die Sehnsucht nach jener roten Macht in der Republik, die es danach nie wieder gegeben hat – und auch nicht mehr geben wird. Die übrigen SPÖ-Kanzler der Zweiten Republik erhielten in der Messehalle keine Erwähnung. Von den früheren Parteichefs war auch niemand gekommen. Das ist das vielleicht deutlichste Zeichen, dass die SPÖ unter Babler eine Zäsur erlebt, die so mancher langgediente Funktionär noch nicht wahrhaben will.
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Nach links gerückt
Man ist nach links gerückt, weit nach links. Andreas Babler hat es mit seiner emotionalen Rede geschafft, die Delegierten dahinter zu vereinen. Dem mussten sich sogar jene Wiener Genossen beugen, die die Mitgliederdirektwahl bei Personalentscheidungen gerne im letzten Moment verhindert hätten. Angesichts der Vorgeschichte sind die 88 Prozent der Delegiertenstimmen für Babler ein mehr als respektabler Erfolg.
Parteitagsrhetorik ist allerdings nicht alles. Die politische Realität außerhalb des Delegiertensaales sieht ein wenig anders aus. Da braucht es politische Partner, um jenes Ziel zu erreichen, das Andreas Babler in seiner Rede formuliert hat: Herbert Kickl als blauen Kanzler und die FPÖ als Regierungspartei zu verhindern. Da wird es vor allem eine neue Gesprächsbasis mit der ÖVP geben müssen, weil ohne sie die SPÖ rechnerisch kaum in eine Regierung kommen kann. Der Steirer Anton Lang warb in seiner Begrüßung für die Große Koalition, die derzeit in Graz regiert. Der Applaus war eher zurückhaltend, bei der Kampfrhetorik von Andreas Babler gegen die ÖVP war da schon mehr Stimmung.
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Unter den Delegierten war nach der Verkündung des Wahlergebnisses Erleichterung und Aufbruchstimmung zu verspüren. Die SPÖ hat sich entschieden, voll auf Andreas Babler zu setzen und ihm dafür die nötige Unterstützung zu geben. Als Gegenleistung wird von ihm verlangt, dass nach der Nationalratswahl 2024 die SPÖ wieder regiert und ein FPÖ-Kanzler Herbert Kickl verhindert wird. Gelingt ihm das nicht, dann wird ihm auch eine Kampfrede kaum mehr helfen. Dann müsste auch er in die Reihe der Ex-Parteivorsitzenden treten.
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