Ausgangssperren und Versammlungsverbote gibt es noch nicht (wobei das in naher Zukunft nicht ausgeschlossen ist). Der Unterricht an Schulen und Unis ist bis Ostern ausgesetzt, es gilt höchste Reisewarnstufe. In der Messe Wien stattete man vorsorglich eine Halle mit 880 Betten als Not-Lazarett aus. Gaststätten schließen ab Montag um 15 Uhr, Geschäfte abseits des Lebensmittelhandels dürfen vorerst eine Woche lang nicht öffnen. Noch nie gab es so eine Situation.
Ganz Europa wappnet sich gegen die weitere rapide Verbreitung des Virus. Österreich ist wegen seiner Nähe zu Italien als Transitland und wegen seiner hohen Internationalität besonders betroffen. Daher herrscht die Sorge, dass es bei der medizinischen Versorgung zu Engpässen wie in Italien kommen könnte, wo auch viele Spitalsbedienstete selbst erkrankt sind. Parallel dazu ist ja die Grippewelle noch nicht zu Ende, und vor allem bei Älteren wird ein schwerer Krankheitsverlauf der neuen Viruserkrankung beobachtet. Jüngere gelten eher als Virus-Überträger. Alle Maßnahmen dienen dazu, die Verbreitung zu hemmen und auf ein baldiges Ende dieser ersten Welle zu hoffen. Weitere werden wohl folgen, das Virus ist längst, wie von der WHO festgestellt, zur Pandemie geworden. Wobei es einerseits beruhigend, andererseits bizarr ist, dass China nun Italien dabei hilft, den medizinischen Notfall zu lösen. Ist das dasselbe China, das wir kürzlich noch als fernen Hort des (Virus-)Schreckens und der Desinformation betrachtet haben?
Doch zurück nach Österreich: Setzen wir jetzt nicht die Regeln unseres zivilisierten Zusammenlebens außer Kraft und spielen wir nicht Wirtschaft gegen Menschen aus! Das eine ist mit dem anderen untrennbar verbunden. Denn auch von einem wirtschaftlichen Zusammenbruch geht eine riesige Gefahr mit einem Arbeitslosenheer und Massenarmut aus. Daher wird es am Ende in Europa billionenschwere Unterstützungen für Unternehmen und Kreditnehmer geben müssen. Deutschland ist schon vorangegangen und wird überaus großzügige Hilfen gewähren. Die Lufthansa hat bereits um Staatshilfe angesucht – weitere Firmen werden folgen.
Am Montag findet (per Videokonferenz) ein G7-Sondergipfel zum Coronavirus statt. Diese Krise wird wahrscheinlich schwerer als die Finanzkrise 2008, wo an den Börsen Milliardenwerte vernichtet wurden. Auch in Österreich sind die Budgetzahlen jetzt Makulatur. Die bisher versprochenen Hilfen waren aber nur Homöopathie. Man wird bald größere Pakete schnüren müssen.
Die Hoffnung, dass schon morgen eine Impfung oder zumindest ein Medikament zur Behandlung der akuten Symptome des Coronavirus gefunden wird, ist eher trügerisch. So eine Entwicklung dauert Jahre.
Österreichs Regierung wirkt beruhigend professionell. Fast hat man sich an das tägliche Bulletin des „Dreier-Krisenteams“ Sebastian Kurz, Rudolf Anschober und Karl Nehammer schon gewöhnt. Freitagabend meldete sich der Bundespräsident zu Wort und sprach von einer ernsten Situation. Samstag ist Finanzminister Blümel an der Reihe. Es gibt so gut wie kein anderes Thema mehr. Alles ist abgesagt, das gesellschaftliche Leben macht Pause, keiner schüttelt mehr Hände.
Wäre das nicht eine wirklich schwere Krise, könnte man darüber reden, wie so eine Situation einer Regierung Rückenwind verleiht. Was für schöne Sätze man da sagen kann! „Eltern und Großeltern schützen“ (Kanzler Kurz), „Nichts ist wichtiger als unsere Gesundheit“ (Minister Anschober). Alles andere, auch die Opposition, ist abgemeldet. Nur das „Team Österreich“ zählt, das sich jetzt gegen das Virus bilden soll, wie die Regierung so blumig sagt.
Na gut. Bilden wir es. Bleiben wir gelassen, dennoch wach. Man muss auch jetzt nicht den Verstand bei der Obrigkeit abgeben. Achten wir auf andere, verfallen wir nicht in Endzeitstimmung. Das werden jetzt schwierige Wochen. Hoffen wir, sie unbeschadet zu überstehen.
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