Religionsausübung ist Privatsache

In einer multikulturellen Gesellschaft kann nicht jede Glaubensrichtung staatliche Feiertage fordern.
Daniela Kittner

Daniela Kittner

Der Europäische Gerichtshof hat befunden, dass Feiertagszuschläge, die Evangelisch-Gläubige am Karfreitag bekommen, andere Arbeitnehmer diskriminieren. Jetzt dreht sich die Diskussion um die Frage: Kann sich Österreich einen weiteren Feiertag leisten? Über das Finanzielle kann man trefflich streiten – die Sozialpartner tun das schon. Aber man sollte diese Frage darüber hinaus auch inhaltlich diskutieren.

Ist es sinnvoll, für eine Gruppe von vier Prozent der Bevölkerung einen eigenen, religiös motivierten Feiertag einzuführen, der für die restlichen 96 Prozent zumindest in finanzieller Hinsicht auch gilt?

Könnten dann nicht auch die acht Prozent Muslime einen Feiertag verlangen? Oder was ist mit dem – nicht religiös, aber mythisch begründeten – chinesischen Neujahr? Jom Kippur, der Versöhnungstag der Juden, ist laut Rechtsexperten von dem EuGH-Urteil ohnehin schon mitbetroffen. Andere Religionen können sich von dem EuGH-Spruch zwar nichts Unmittelbares ableiten, aber die Frage wird sich legitimerweise stellen.

Die Antwort kann – insbesondere in einer multikulturellen Gesellschaft – nur in die Richtung gehen, dass Religionsausübung Privatsache sein muss und nicht jede Glaubensrichtung staatliche Feiertage fordern kann. Die katholisch motivierten Feiertage in Österreich sind eine andere Kategorie – sie sind aus der Historie heraus gewachsen, als es noch kein Arbeitsrecht gab, und sie gelten gesetzlich seit fast hundert Jahren ohnehin für alle, die hier leben.

Der Sozialrechtler Wolfgang Mazal bringt die Idee eines gemeinsamen, interkonfessionellen Feiertags ins Gespräch. Das könnte für Erwachsene ein Pendant zum Ethikunterricht in der Schule sein – ein Tag, an dem über gemeinsame Werte nachgedacht wird.

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