Regierung gefordert: Ohne Gesetz wird Karfreitag Feiertag

Der Karfreitag wurde heuer zum innenpolitischen Streitthema.
Trifft Türkis-Blau nicht schnell eine neue Regelung, ist der 19. April 2019 für alle Arbeitnehmer ein Feiertag.

„Der Karfreitag 2019 wird eine angenehme Sache für Arbeitnehmer“, sagt Alois Obereder, und kann sich ein Lachen nicht verkneifen. Und gut lachen hat der Rechtsanwalt am Dienstag. Hat er doch für seinen Mandanten das folgenreiche Urteil des Europäischen Gerichtshofs (EuGH) erstritten, demzufolge die österreichische Karfreitagsregelung diskriminierend ist.

Folgenreich, weil der Gesetzgeber jetzt ziemlich schnell aktiv werden muss. Denn bis zum nächsten Karfreitag am 19. April sind nur noch knapp drei Monate Zeit. Kommt zuvor keine Neuregelung, haben alle Arbeitnehmer unabhängig von ihrem Religionsbekenntnis Anspruch auf einen freien Tag oder doppelten Lohn – sofern sie das zuvor bei ihrem Arbeitgeber einmelden.

Wirtschaft in Sorge

Ein Horrorszenario für die Wirtschaft, die die Mehrkosten eines zusätzlichen Feiertags für alle mit etwa 600 Millionen Euro beziffert. Dementsprechend fordert Wirtschaftskammer-Experte Martin Gleitsmann im KURIER-Gespräch auch eine „aufkommensneutrale“ Lösung. Doch: Diese werde „nicht einfach“ zu erreichen sein, weiß auch er um die Schwierigkeiten, vor denen Türkis-Blau jetzt steht.

 

"Warum eigentlich, Herr Gleitsmann?"

Denn viele Möglichkeiten hat die Regierung nicht, wie Elias Felten, Arbeits- und Sozialrechtsprofessor an der Universität Linz, erklärt.

- Variante 1: Frei für alle

Man gibt sozusagen den 96 Prozent der Arbeitnehmer, die von der derzeitigen Regelung nicht betroffen sind, ein Upgrade. Dazu kann der Gesetzgeber schlicht nicht aktiv werden oder ausdrücklich klarstellen, dass der Karfreitag künftig ein Feiertag für alle Arbeitnehmer ist.

- Variante 2: Streichung

Die zweite Möglichkeit wäre die Streichung des Feiertags-Anspruchs für diejenigen mit evangelischem Religionsbekenntnis. Das wäre zwar politisch schwieriger durchzusetzen, wäre aber „rechtlich wohl möglich“, meint Felten.

- Variante 3: Kompromiss

Die dritte Möglichkeit wäre die, nur denjenigen freizugeben, die auch wirklich an einem religiösen Ritual teilnehmen, also etwa einen Gottesdienst besuchen. Diese Regel leitet sich aus der gesetzlichen Fürsorgepflicht der Arbeitgeber gegenüber ihren Angestellten ab und gilt bereits jetzt für Angehörige anderer Religionsgemeinschaften.

Auf diesen Paragrafen bezieht sich auch der EuGH explizit in seinem Urteil: Während Moslems oder Hindus nachweisen müssen, dass sie einer religiösen Pflicht nachgehen, um frei zu bekommen, gilt für Protestanten eine Pauschalregelung – und genau das ist die Diskriminierung, die erkannt wurde.

Absage an Bischof

Einem Vorschlag des evangelischen Bischofs Michael Bünker, den auch die katholische Bischofskonferenz unterstützt, gibt Felten hingegen keine großen Chancen. Die Geistlichen hatten ins Spiel gebracht, den Karfreitag als Feiertag für Protestanten zu behalten, aber auf das Feiertagsentgelt zu verzichten, falls doch gearbeitet werden muss. Felten meint, das würde zwar „die Diskriminierung mildern“. Trotzdem sei aber fraglich, ob eine solche Regelung halten würde – hätte sich der EuGH in seiner Urteilsbegründung nicht auf das Entgelt, sondern die grundlegende Ungleichbehandlung bezogen.

Bischof Bünker zum Karfreitagsurteil des EuGH

Abtausch

Freilich gibt es noch eine Möglichkeit: Die Regierung erklärt den Karfreitag zum Feiertag für alle und streicht auf der anderen Seite einen der 13 bestehenden. Am Dienstag gab Türkis-Blau nur bekannt, die Sache „genau prüfen“ zu wollen und „zeitnah“ weitere Schritte bekannt zu geben. Neos-Sozialsprecher Gerald Loacker könnte sich mit so einem Tausch anfreunden. Etwa mit Fronleichnam – „da weiß ohnehin niemand, was da genau gefeiert wird“.

 

Regierung gefordert: Ohne Gesetz wird Karfreitag Feiertag

Universitätsprofessor Elias Felten

Die Position von Gewerkschaft und SPÖ ist hingegen klar: Sie wollen den freien Karfreitag für alle. „Wo uns die Regierung Freizeit geraubt hat, kommt positiverweise aus Luxemburg etwas retour“, sagt Sozialsprecher Josef Muchitsch. Er verweist im Gespräch mit dem KURIER auf das Arbeitszeitgesetz, das „mehr Freizeit und eine Vier-Tage-Woche versprochen hat – das ist alles nicht eingetroffen“.

Eines kann indes nicht passieren, beruhigt Felten: dass jetzt Angehörige anderer Religionen weitere Feiertage für sich fordern. Denn das wäre genau die Diskriminierung, die am Dienstag verurteilt wurde.

Karfreitag

Am Karfreitag gedenken die Christen der Kreuzigung Jesu. Das Wort Karfreitag leitet sich vom althochdeutschen kara für klagen, trauern ab. In der katholischen Kirche ist der Karfreitag der zweite strenge Fasttag neben Aschermittwoch.

Für die frühen Christen war der Karfreitag ein Gedenktag und noch im Mittelalter galt er nur als „halber Feiertag“: Im Gegensatz zu Feier- oder Sonntagen sollte die Arbeit nur während des Gottesdienstes ruhen.

Nach der Reformation erklärte Papst Urban VIII 1642 den Karfreitag für die katholische Kirche zum gewöhnlichen Werktag. Im protestantischen Bereich erfuhr der Karfreitag jedoch eine Umdeutung: Martin Luther leitete das Kar- vom lateinischen carus (lieb, teuer) ab und erklärte ihn zum „Guten Freitag“ (eine Bezeichnung, die sich im angelsächsischen Raum als „Good Friday“ bis heute hält). Ins Zentrum wurde nicht der Tod Jesu gestellt, sondern seine Bereitschaft, sich für die Menschheit zu opfern. Die Biblische Grundlage dazu findet sich im Johannes-Evangelium: „Niemand hat größere Liebe als die, dass er sein Leben lässt für seine Freunde.“ (Joh 15,13)

Für Protestanten ist der Karfreitag ein wichtiger Feiertag – aber keinesfalls der höchste. Wie für alle Christen ist auch für sie der Ostersonntag, die Auferstehung Christi, das höchste Fest. Um jedoch der Bedeutung für Protestanten, Altkatholiken und Methodisten gebührend Rechnung zu tragen, wurde auf Betreiben von Bruno Pittermann (SPÖ) der Karfreitag für Angehörige dieser Konfessionen zum gesetzlichen Feiertag erklärt. Für alle anderen ist es ein normaler Werktag.

Diese Regelung wurde mit dem Urteil des EuGH vom 22. Jänner 2019 aufgehoben.

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