PRO
Die Chancen stehen sehr gut, dass es Österreichs beste EM aller Zeiten wird. Die Messlatte, die es zu überspringen gilt, ist das Achtelfinale. Freilich stellen sich schon in der Vorrunde vor allem mit Frankreich und den Niederlanden zwei ganz große Brocken in den Weg, doch Österreichs Team hat unter Ralf Rangnick gelernt, stets nach dem Maximum zu streben. Jedes Spiel soll gewonnen, jeder Gegner vor unangenehme Aufgaben gestellt werden. Rangnick hält gar nichts vom olympischen Motto „Dabei sein ist alles“.
Er und sein Team sind gekommen, um eine Hauptrolle in diesem Turnier zu spielen. Das Viertelfinale erscheint dabei als durchaus realistisches Ziel, wenngleich zunächst das schwere Los und dann die Ausfälle von David Alaba, Xaver Schlager und Goalie Alexander Schlager die ganze Unternehmung freilich erschwerten.
Österreich lebt ohnehin vom Teamgeist, mit dem man so manche qualitative Vorteile der besten Mannschaften kompensieren will. Diese Stärke muss Österreich bei der EM umso mehr ins Treffen führen, gepaart mit der intensiven Spielanlage, die jedem Gegner Schmerzen bereiten kann. Warum also nicht auch Frankreich zum Auftakt und den Niederlanden im dritten Gruppenspiel, vielleicht einem echten Finale um den Aufstieg? Die Qualität der Spieler und die Qualität des Teams als Einheit sollten Voraussetzung genug sein, um zumindest einer der vier besten Gruppendritten zu werden. Doch damit gibt sich ein Ralf Rangnick ohnehin nicht zufrieden.
Alexander Strecha ist Sport-Redakteur
CONTRA
Hut ab! Selten, vielleicht nie hat Österreich so attraktiven Fußball gespielt wie unter Ralf Rangnick. Schnell, offensiv, aggressiv, laufintensiv und technisch mehr als solide – die volle Klaviatur der Red-Bull-Schule. All das werden wir auch bei der EM in Deutschland bestaunen. Mit folgendem Resultat: Das ÖFB-Team wird seinen Achtungserfolg von 2021 wiederholen – und im Achtelfinale ausscheiden.
Lasset uns orakeln: Die Gruppenspiele gegen Frankreich und die Niederlande gehen knapp verloren. Doch ein Sieg gegen Polen reicht, um als Gruppendritter in die K.-o.-Runde einzuziehen. Die Leistung stimmt, die Euphorie steigt. Und dann … ist Schluss: Ob gegen Spanien, England, Portugal oder Belgien. Warum so pessimistisch? Österreich trifft schon im frühen Turnierverlauf auf absolute Turnierfavoriten mit stabilen Defensivreihen und der höheren, individuellen Klasse in der Offensive. Die Partie gegen Frankreich könnte wie folgt ablaufen: Österreich hat überraschend oft den Ball, viele Halb-Chancen, läuft munter an, die Franzosen stehen teilweise tief. Und dann netzt Top-Star Kylian Mbappé in der ersten klaren Offensivaktion zum 1:0 für die Équipe Tricolore. Oder so ähnlich.
Wäre es nicht schon schwer genug, fällt auch noch die im Fußball so wichtige „Achse“ aus: Xaver Schlager, Schlüsselspieler im Mittelfeld, und Abwehrchef David Alaba. Zweiterer wäre zudem als erfahrener Titelhamster psychologisch überlebenswichtig in großen Spielen. Aber Kopf hoch, attraktiv wird es ja gewesen sein.
Michael Hammerl ist Innenpolitik-Redakteur
Kommentare